ULRIKE HERRMANN ÜBER FÜNF JAHRE HARTZ IV
: Hass auf die Unterschicht

Hartz IV hat in der gesamten Unterschicht die Löhne abwärts rutschen lassen

Ein Flop feiert Jubiläum: Fünf Jahre gibt es Hartz IV jetzt, doch gebracht hat diese Reform überhaupt nichts. Offiziell sollte sie ganz viele Langzeitarbeitslose in Jobs befördern, doch stattdessen sind die allermeisten noch immer ohne Beschäftigung. Gleichzeitig grassiert die Armut, die weit mehr Menschen erfasst als nur die Erwerbslosen. Hartz IV hat sich von unten in die Gesellschaft hineingefressen und in der gesamten Unterschicht die Löhne abwärts rutschen lassen.

Neue Zahlen vom Statistischen Bundesamt belegen, wie sehr sich die Armut in Deutschland verfestigt. Es bildet sich ein stabiler Sockel der Ausgeschlossenen. Im Jahr 2005 gehörten 15 Prozent der Bevölkerung zu den Armen; 2008 waren es immer noch 14 Prozent, obwohl die Bundesrepublik in der Zwischenzeit einen langen Konjunkturaufschwung erlebt hatte. Doch dieses Wachstum hat die unteren Schichten nicht mehr erreicht.

Hartz IV ist gescheitert, weil schon der Grundansatz völlig falsch war. Rot-Grün wollte den klassischen Wohlfahrtsstaat in einen „aktivierenden Sozialstaat“ umbauen. Dahinter stand die Idee, dass die Langzeitarbeitslosen nur deswegen keine Stelle fänden, weil sie antriebsarm auf dem Sofa säßen und Unterschichten-TV glotzten. Die Losung hieß daher „Fordern und Fördern“.

Gerade für Exkanzler Schröder und seinen damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement war unvorstellbar, dass die Arbeitslosen auch deswegen arbeitslos sein könnten, weil schlicht die Arbeit fehlt. Fünf Jahre später ist nun eindeutig erwiesen, was Kritiker schon damals sagten: Arbeitsplätze lassen sich nicht schaffen, indem man die Arbeitslosen triezt.

Bisher hat Hartz IV vor allem unter den Bedingungen eines Wirtschaftsaufschwungs stattgefunden, doch im nächsten Jahr wird die Arbeitslosigkeit dramatisch steigen. Wenn jedoch selbst im Boom die Armut kaum noch gesunken ist – wie wird es dann erst in der Krise?

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