Eigentümerwechsel bei der SZ: Es lebe der Wurstsalat!

Ab Freitag gehört die "Süddeutsche Zeitung" zur Südwestdeutschen Medienholding. Passt das? Viele Fragen, wir antworten - von S bis Z.

Die SZ kennt jeder, aber wer bitteschön ist SWMH? Bild: dpa

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hat von 1. März an einen neuen Mehrheitseigner: die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH). Die auflagenstärkste deutsche Abonnementzeitung wechselt damit die Besitzer.

SWMH übernimmt die Süddeutsche - wie kam es dazu?

Es kommt in den besten Familien vor, dass Enkel andere Berufe wählen als ihre Großväter. Weil das auch bei den Alt-Verlegerfamilien passiert, die bislang den Süddeutschen Verlag hielten, führte das aber dazu, dass die SZ zuletzt weitgehend ohne Verleger auskommen musste. Vier der fünf Familien waren in anderen Bereichen als im Verlagsgeschäft aktiv - und so kam es, dass sie ihre Anteile verkauften, insgesamt 62,5 Prozent. 2002 war die SWMH schon klein in den Verlag eingestiegen: Die SZ war heruntergewirtschaftet - und die SWMH ausschlaggebend für ihre Rettung. Damals sicherte sich die SWMH auch ein Vorkaufsrecht, nutzte es - und hält nun über 80 Prozent am Verlag. Der Rest liegt weiter bei der Verleger-Familie Friedmann, denen auch die Münchner Abendzeitung gehört.

Tageszeitungsriese SWMH, wer ist das denn eigentlich?

Die SWMH ist zunächst mal ein schlichtes Klingelschild in einem Stuttgarter Bürohaus. Man gibt sich - vorsichtig gesagt - schwäbisch-zurückhaltend, hat das aber eigentlich gar nicht nötig: Zum komplexen Unternehmensgeflecht aus Medien Union (Ludwigshafen), Südwestpresse (Ulm), Stuttgarter Zeitungsverlag und Schwarzwälder-Boten-Mediengesellschaft gehören über 20 Tageszeitungen. Jetzt kommen noch 447.614 tägliche Exemplare der Süddeutschen dazu. Damit wird die SWMH zum zweitgrößten Zeitungshaus Deutschlands nach Springer - und auch das nur, weil bei Springer die 3,3 Millionen Bild-Exemplare mitzählen.

Und warum kennt keiner diese Typen aus dem Südwesten?

Weil es sich nicht um Verleger mit Mission und mediterranem Flair handelt, sondern um verschachtelte Provinzfürsten mit äußert geringem Mitteilungsbedürfnis. Von Dieter Schaub, der über seinen Familienkonzern Medien-Union knapp die Hälfte an der SWMH hält, gibt es nicht mal aktuelle Fotos: Schlechte Zeiten für die People-Spalten der Gazetten. "Die lassen sich zwar auch im Benz chauffieren, das sind mental aber eher so Volkswagen-Leute", sagt ein Beobachter. Und vor allem sind sie Schwaben: Dem neuen SWMH-Geschäftsführer Richard Rebmann geht der Ruf als Kommissar Spar voraus. Außerdem kommt er vom Lokalblatt Schwarzwälder Bote.

Vereinigung von SWMH und Süddeutsche - passt das?

Eigentlich nicht. Das denkt sich offenbar auch Klaus Josef Lutz, Nochgeschäftsführer beim Süddeutschen Verlag. Dass er mit den SWMH-Mächtigen nicht gut kann, gilt als ausgemacht. Lutz geht nun voraussichtlich, er wird als Vorstandschef des Agrar- und Baustoffhandelskonzerns Baywa gehandelt. In der SZ-Redaktion kursiert der Witz, es handle sich um einen Aufstieg für Lutz. Doch ganz so einfach ist das nicht: Die SWMH hat den Laden nach der Medienkrise 2001 schon mal gerettet. Dennoch sind die Wüstenrot-Sparfüchse schwer vorstellbar, in München, wo der Caffè latte schon mal 5 Euro kostet.

Was aber bedeutet der Verkauf für die Süddeutsche Zeitung?

Die Redaktion der SZ übt sich demonstrativ in Gelassenheit. Es heißt, unter den gegebenen Umständen - es hätte schließlich auch ein Finanzinvestor einsteigen können - sei die SWMH eine gute Lösung für die Zeitung. Auch wenn völlig ungewiss ist, was die plant. Zum Beispiel, ob endlich die SZ-Sonntagsausgabe auf den Markt kommt. Das Konzept liegt seit 2006 in der Schublade. Die Redaktion hätte sie gerne - man will der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und der Welt am Sonntag nicht den Markt überlassen und vor allem wie schon unter der Woche Jagd auf die FAZ machen, die mittlerweile abgeschlagen auf Platz 2 der Überregionalen rangiert.

Was bedeutet das für die anderen Titel der SWMH? Nix?

Von wegen. Vor allem bei der Stuttgarter Zeitung sorgen sich Redakteure, sie könnten am Ende die Zeche zahlen. Denn die SWMH hat für ihre Verhältnisse viel für die SZ bezahlt - und das ganze schöne Geld soll schließlich wieder reinkommen. Auch wenn die Mehrheit aktuell mit wenig Kooperationszwang rechnet, fürchten andere langfristig schon kostensparende Zusammenarbeit - zunächst vor allem bei Verlagsbereichen wie Anzeigen und Vertrieb, aber irgendwann vielleicht auch beim Korrespondentennetz beider Blätter. Fest steht: Wie bei jedem Zusammenschluss gibt es Ansätze für Kooperationen, bei denen hinterher weniger Personal übrig bleibt.

Was bedeutet das für Bayern und die Zeitungslandschaft?

Damit ist nach der Frankfurter Rundschau, die heute zum Kölner Verlag DuMont gehört, die nächste früher unternehmerisch unabhängige Überregionale unter ein Konzerndach gepfercht. Sich selbst gehören jetzt nur noch FAZ und taz. Und die SWMH hat nun im Süden der Republik den Hut auf - dank SZ-Zukauf vom Rhein bis zur tschechischen bzw. ungarischen Grenze. In die Karten wird sie sich trotzdem nicht schauen lassen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.