Auf Champions-League-Kurs: Schalke gluckst nach oben

Nach dem 2:1-Sieg gegen Hertha BSC liebäugelt die Mannschaft von Mirko Slomka wieder mit einem Champions-League-Platz. Zuvor stand der Trainer kurz vor der Entlassung.

Fühlt sich als Kopfballspieler unterschätzt: Schalke-Stürmer Gerald Asamoah. Bild: rtr

Hertha BSC: Drobny - Friedrich, Simunic, von Bergen - Chahed, Lustenberger, Kacar, Skacel (82. Okoronkwo) - Ebert (68. Piszczek), Raffael - Lima

FC Schalke 04: Neuer - Rafinha, Höwedes, Westermann, Pander - Jones, Ernst - Asamoah, Grossmüller (73. Lövenkrands), Altintop (84. Sanchez) - Kuranyi (88. Larsen)

Schiedsrichter: Fleischer (Sigmertshausen), Zuschauer: 54.179

Tore: 0:1 Asamoah (12.), 0:2 Jones (23.), 1:2 Chahed (67./Foulelfmeter) Gelbe Karten: Simunic, Lima / Asamoah

Es war eine Mischung aus Lachen, Glucksen und vermutlich auch ein wenig Schamgefühl. Im Vorbeigehen warf Josef Schnusenberg den Reportern im Inneren des Olympiastadions einige Wortbrocken zu. "Schönes Spiel, oder?", fragte der Präsident des FC Schalke 04. Die Hände hatte er in seinen Jackentaschen vergraben, und dann war er auch schon weg. Lust auf einen ausführlicheren Vortrag schien er nicht zu haben, dabei hätten sich einige Themen durchaus aufgedrängt, zum Beispiel: "Wie verwandele ich meinen Verein mit wenigen Aussagen in einen aufgescheuchten Hühnerhaufen und mache mich dann aus dem Staub?"

Es ist immer wieder amüsant, zu beobachten, welchen Konjunkturschwankungen ein Bundesligaklub unterliegt, besonders absurde Züge nimmt dieses Schauspiel beim FC Schalke an. Es ist nicht einmal einen Monat her, dass sich Trainer Mirko Slomka wie ein Bittsteller für seine Arbeit rechtfertigen musste. Schnusenberg hatte ihn öffentlich kritisiert und infrage gestellt, plötzlich schien Slomka wieder einmal vor der Entlassung zu stehen.

Jener Mirko Slomka wanderte am frühen Sonntagabend von Kamera zu Kamera, gluckste, lächelte und sagte Sätze wie: "Es war ein guter Spieltag für uns. Wir sind sehr froh, dass wir am Ziel, unter die ersten drei zu kommen, festhalten können und festhalten werden." Seine Stimmung hatte ein 2:1 bei Hertha BSC erhellt, es war der dritte Ligasieg in Serie. Schalke liegt nun auf Platz fünf, punktgleich mit Leverkusen und Bremen, der Hamburger SV belegt mit zwei Punkten Vorsprung als Zweiter einen direkten Qualifikationsplatz für die Champions League. "Da wollen wir auch hin. Wir wissen ja, wie schön es dort ist", sagte Slomka.

Dieses Mal musste er sich logischerweise nicht für seine Entscheidungen rechtfertigen. Dabei spielte der FC Schalke nicht wesentlich besser als vor einem Monat, als er in Leverkusen und daheim gegen den FC Bayern unterlag (jeweils 0:1). Auch in Berlin trat die Mannschaft gehemmt in der Offensive auf und war arm an Ideen. Erwähnen wollten das die Beteiligten später nicht. Warum auch? Sie hatten schließlich ihre ersten beiden Torchancen genutzt. Gerald Asamoah köpfte früh das 0:1 (12.) und wunderte sich später: "Ich bin ein guter Kopfballspieler, leider werde ich immer unterschätzt."

Knapp zehn Minuten später erhöhte Jermaine Jones mit seinem ersten Bundesligator für Schalke auf 0:2. Er lief mit dem Ball von der Mittellinie bis zum Strafraum, schoss und ließ die gesamte Hertha-Abwehr inklusive Torwart Drobny schlecht aussehen. "Ich habe mich auch gewundert, warum die Berliner alle weggelaufen sind", sagte der Schütze. Herthas Trainer Lucien Favre, der die erste Niederlage nach sechs Spielen beklagen musste, ergänzte: "Wir haben zwanzig Minuten geschlafen. Das 2:0 war unglaublich, das darf nicht passieren." Der Anschlusstreffer der stärker werdenden Berliner durch Sofia Chahed per Foulelfmeter (67.) brachte Schalke nicht mehr in Bedrängnis. Der Sieger hatte das Glück, wonach er sich vor Wochen noch sehnte. So einfach sollte die Formel der Konjunkturschwankungen sein - ist sie aber nicht.

Und so werteten die Schalker das Ergebnis acht Tage vor dem Viertelfinale in der Eliteliga gegen den FC Barcelona zumindest als halben Meilenstein in der Entwicklung. Manager Andreas Müller lieferte den Grund: "Man muss bedenken: Unser ältester Abwehrspieler war 24. Deswegen können wir sehr zufrieden sein. So ein Sieg gibt Selbstvertrauen für die jungen Leute." Heiko Westermann agierte gemeinsam mit dem 20 Jahre alten Benedikt Höwedes anstelle von Mladen Krstajic und Marcelo Bordon in der Innenverteidigung. Vor allem in der zweiten Halbzeit wirkten sie das eine oder andere mal unsicher. Dennoch ließ sich Höwedes zu der Prognose hinreißen: "In zwei Jahren können Krstajic und Bordon beruhigt in Rente gehen."

Klubchef Josef Schnusenberg war zu diesem Zeitpunkt schon seit zwanzig Minuten in den Katakomben verschwunden. Doch die nächste Ausgabe der Schalker Seifenoper kommt. Ganz bestimmt.

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