Volksinitiative gegen gierige Manager: Keine "goldenen Fallschirme" mehr

Mit einer "Abzocke-Initiative" will Thomas Minder die Schweizer Wirtschaftselite zum Verzicht zwingen - und "goldene Fallschirme" verbieten lassen. Der Druck wirkt.

Beliebt bei Managern: Der goldene Fallschirm. Bild: ap

BERLIN taz Kleinunternehmer Thomas Minder hat es schon lange satt. Jahrelang wuchs sein Groll darüber, dass die Bürger zuschauen müssen, wie sich das Schweizer Topmanagement gegenseitig Millionengehälter zuschanzt. Dann gründete er die "eidgenössische Volksinitiative gegen Abzockerei", verteilte Flugblätter, begann Unterschriften zu sammeln. Um den "Diebstahl an der Unternehmung zu stoppen", wie es auf den Flugblättern heißt. Seine Hauptforderung: Aktionäre sollen über die Gehälter der Unternehmensspitze abstimmen. Auch die meisten der üblichen Managerprämien will er verbieten lassen - und könnte damit Erfolg haben.

Ende Februar reichte die Abzocke-Initiative 118.000 Unterschriften bei der Bundeskanzlei in Bern ein. Mehr als genug, um ein Begehren auf Verfassungsänderung einzuleiten. Solche Volksinitiativen müssen den Schweizern zur Abstimmung vorgelegt werden - wenn nicht das Parlament einen eigenen Gesetzesvorschlag ausarbeitet und die Initiatoren ihr Begehren zurückziehen.

Und genau das erwartet Hubert Zurkinden, Generalsekretär der Grünen in der Schweiz. Es gebe "eine sehr große Akzeptanz bei den Bürgern", sagt er. Auch seine Partei und die Sozialdemokraten stünden dahinter. Vermutlich werde das Parlament einen abgeschwächten Vorschlag vorlegen. "Völlig umkrempeln" könne es die Forderungen nicht. Dazu sei das Anliegen zu verbreitet, erklärt Zurkinden.

Die Abzocke-Initiative sei bei einer Parlamentsvorlage "gesprächsbereit", versichert ihr Sprecher Claudio Kuster. Aber auf grundlegende Forderungen werde sie nicht verzichten. Die "perverse Bereicherung" müsse ein Ende haben.

Umgerechnet rund 17 Millionen Euro habe etwa der Chef der Schweizer Bank UBS, Marcel Ospel, 2006 bekommen. Den Löwenanteil machten Boni, Prämien und Optionen aus. Für "total überzogen" hält Kuster das.

Initiativen-Gründer Minder tourt derzeit durch die Talk-Shows und stellt die Forderungen vor: Die Aktionäre, also die Eigentümer eines Unternehmens, sollten jährlich die Gesamtsumme aller Vergütungen des Topmanagements absegnen, wenn nötig per elektronische Fernabstimmung. Außerdem will er die sogenannten goldenen Fallschirme verbieten lassen. Die bekommen Manager, wenn das Unternehmen übernommen wird und ihre Position neu besetzt wird. Auch Vergütungen im Voraus und Prämien für Firmenkäufe sollten tabu sein. Damit, so sagt Minder, solle "die Bereicherung in den oberen Etagen gestoppt werden".

Die Volksinitiative zeigt jetzt schon Wirkung. So will der Pharmakonzern Novartis seinem Vorstandschef Daniel Vasella ab 2009 die Übernahmeentschädigung streichen. Wenn Novartis ab dann übernommen würde, bekäme Vasella seinen Abgang nicht mehr mit 90 Millionen Euro versüßt, wie bislang zugesichert. Thomas Limberger, Chef des Industriekonzerns Oerlikon, verzichtete schon vergangenes Jahr auf seine Entschädigung von 13 Millionen Euro, weil er "kein Abzocker sein" wolle, wie er sagte.

Milder stimmt das den Abzocke-Initiator nicht. Anfang März wetterte Minder auf der UBS-Aktionärsversammlung gegen die immens hohen Gehälter und gegen UBS-Chef Marcel Ospel persönlich, dessen Stundenlohn mehr als 5.000 Euro betrage. Als Minder sich zu Ospel aufs Podium stellen wollte, zerrten ihn zwei Bodyguards aus dem Saal. Noch während der Versammlung entschuldigte sich der UBS-Chef dann allerdings bei Minder. Inzwischen wurde bekannt, dass Ospel bei seinem Gehalt für 2007 auf sämtliche Boni verzichten wolle. Die wären allerdings auch kaum angebracht: UBS gehört zu den größten Verlierern der Finanzkrise und verlor in den letzten Monaten rund 10 Milliarden Euro. Mitleid muss man mit dem UBS-Chef aber trotzdem nicht haben. Sein Grundgehalt beträgt immerhin noch rund 1,7 Millionen Euro.

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