Hockeynationalkeeper über Olympia-Boykott: "Außenpolitik muss Lösung finden"

Hockeynationalspieler Ulrich Bubolz will sich für die Olympischen Spiele qualifizieren. Einen Boykott lehnt er zum jetzigen Zeitpunkt ab. Für eine endgültige Entscheidung sei es allerdings noch zu früh.

Sport als politisches Druckmittel? Nicht sehr wirkungsvoll, meint Hockeynationalkeeper Bubolz. Bild: dpa

taz: Herr Bubolz, könnten Sie sich vorstellen, die Olympischen Spiele in Peking zu boykottieren?

Ulrich Bubolz: Es wird ja momentan heiß diskutiert, aber es betrifft mich noch nicht direkt, weil wir gerade kurz vorm Abflug nach Japan stehen und uns dort erst noch für die Olympischen Spiele qualifizieren müssen. Aber es ist schon schade, dass zu so einem Zeitpunkt die Situation eskaliert, auch wenn man weiß, dass es schon vorher Spannungen zwischen China und Tibet gab und die chinesische Seite sicher nicht mit westlichen Standards agiert. Doch ich finde, der Sport sollte davon getrennt werden. Wenn die Tibeter jetzt legitimerweise die erhöhte Aufmerksamkeit der Spiele nutzen, sollte man dennoch den Sport davon trennen.

Geht das denn?

Sicher, Sport und Politik sind nicht völlig unabhängig voneinander, aber die Sportler selbst haben doch wenig mit der Situation vor Ort zu tun. Trotzdem sollte man nicht sagen, Olympia soll um jeden Preis stattfinden, egal was im Land passiert.

Wann würden Sie einen Boykott befürworten ?

Ich sage prinzipiell, dass man an Olympia teilnehmen sollte, das wurde jetzt von Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ja auch klargestellt. Aber ich finde auch, man sollte einen Boykott nicht kategorisch ablehnen. Zum Beispiel im Fall einer weiteren Eskalation des Konflikts, falls er sich zu kriegsähnlichen Zuständen ausdehnen sollte.

Heißt das, Sie halten die Festlegung des DOSB, nicht zu boykottieren, für verfrüht?

Nein, es war sehr hilfreich, weil wir eine klare Aussage bekommen haben.

Ist es nicht ein Blankoscheck für China?

Das würde ich nicht sagen. Da muss man ein bisschen trennen, wie sich die Sportler in Zukunft verhalten sollen und wie sich Politik und Wirtschaft verhalten sollen. Ich finde, jetzt ist es erst einmal Aufgabe der Außenpolitik, Lösungen zu finden. Es sind nicht die Sportler, die in China Lösungen finden können.

Fühlen sich nicht vom DOSB in Ihrer freien Meinungsäußerung eingeengt?

Ich würde nicht so weit gehen und es als Einengung bezeichnen - eher als Richtungsvorgabe. Es steht ja auch in der DOSB-Presseerklärung, dass die Sportler ihre eigene Meinung vertreten dürfen. Doch die Regularien der Olympischen Charta besagen, dass ein Sportler kurz vor und während der Spiele die olympische Bühne nicht für politische oder religiöse Äußerungen nutzen darf. Das ist eine Bemühung, Sport und Politik zu trennen. Aber eine komplette Trennung ist eben nicht möglich.

Wieso wird der Sport - insbesondere Olympia - oft so politisch aufgeladen?

Gerade sportliche Erfolge haben ja viele Väter, und sportliche Erfolge erregen Aufmerksamkeit. Dagegen ist ja auch nichts zu sagen. Der Sport ist einfach eine optimale Bühne für alle möglichen Interessen. Aber ich sehe es nicht als richtig an, den Sport und die Sportler für andere Ziele zu instrumentalisieren, für Probleme, die eigentlich von anderen gelöst werden müssten.

Nervt Sie die Diskussion?

Ein bisschen. Was jeder von uns persönlich über die Politik Chinas oder auch anderer Länder denkt, das ist die eine Sache, aber das hat ja nichts konkret mit dem Sport zu tun. Die Vergangenheit hat ja auch gezeigt, dass Versuche, in denen der Sport als politisches Druckmittel eingesetzt wurde, nicht unbedingt von Erfolg geprägt war.

Sie sprechen den Olympiaboykott 1980 in Moskau an?

Ja, das war das Spektakulärste, was jemals in dieser Richtung passiert ist. Und es hat überhaupt keinen Effekt gehabt.

Sprechen Sie mit ihren Teamkameraden über die politische Situation in China?

Ja, jeder verfolgt auch in den Medien, was passiert. Es ist keine große Diskussion - vor allem, weil wir uns ja noch mit der Qualifikation beschäftigen. Wir betrachten mit Sorge, was dort passiert, aber wir achten genau auf Signale aus Politik und Sportpolitik. Um eigene Entscheidungen zu treffen, ist es noch zu früh.

Die ehemalige Leichtathletin Heidi Schüller sagte im taz-Interview, Sportler seien so still.

Ich weiß nicht, was sie erwartet. Dass sich Sportler ganz klar dafür und dagegen positionieren müssen? Ich meine, alle Sportler haben im Moment ihren Sport und ihre Vorbereitung im Kopf. Ich denke, da sollte man jetzt nicht großartige Positionierungen von ihnen erwarten. Auch wenn es sicher interessant ist, was Sportler denken, so finde ich, sind das doch nicht die entscheidenden Meinungen für das ganze Thema.

Sind Sie insgeheim ein bisschen sauer auf das Internationale Olympische Komitee (IOC), dass es die Spiele überhaupt nach China vergeben hat?

Es gibt schon diese Überlegungen. Wenn man sich anschaut, dass Olympia dieses Jahr in China stattfindet und die Winterspiele 2014 in Russland - das sind zwei umstrittene Staaten. Vielleicht lässt sich das IOC nicht von strittigen Meinungen abhalten, sondern schaut eher auf Konzepte. Sicherlich spielen aber auch wirtschaftliche Interessen eine große Rolle. Aber dass die Gesamtpolitik nicht den Ausschlag gibt, ist eigentlich ja auch das Ziel von Sport und von Olympischen Spielen.

INTERVIEW JUTTA HEESS

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