Sachsens Regierungschef unter Druck: Privatkredit von der Landesbank

Als Finanzminister lieh sich Ministerpräsident Georg Milbradt Geld von der Sachsen LB. Jetzt wird sein Rücktritt gefordert, und sogar die CDU verlangt Erklärungen.

Am Steuer: Ministerpräsident Milbradt (CDU) soll sich 50.000 Euro von der inzwischen verkauften Landesbank geliehen haben. Bild: dpa

DRESDEN taz Als der sächsische SPD-Abgeordnete Karl Nolle im Landesbank-Untersuchungsausschuss seine Bombe gezündet hatte, war in den Reihen der CDU ein erleichtertes Raunen zu vernehmen. Zur Vernehmung von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) hatte Nolle vergangenen Dienstag nur einen Beratervertrag des neuen Staatskanzleichefs Michael Sagurna mit einem Unternehmer präsentiert, der mit der Landesbank im Streit lag. Die Sache schlug mäßig hohe Wellen, doch jetzt hat Nolle nachgelegt: Milbradt lieh sich nach seinen Informationen privat bei der Sachsen LB Geld, um in einen lukrativen Immobilienfonds einzusteigen. Diese Enthüllung hat nun heftige Attacken auf Milbradt ausgelöst.

Im Mai 2004 waren Journalisten und Landtagsabgeordnete bereits auf eine Kreditvergabe an Milbradt in dessen Zeit als sächsischer Finanzminister gestoßen. Die Entdeckung fiel in eine Zeit heftiger Skandale um die Vorstände der Bank und erster Warnungen vor außerbilanziellen Risiken im amerikanischen Häusergeschäft, die im Sommer schließlich zum Beinahe-Zusammenbruch der Bank führten. Der damalige Finanzminister Horst Metz (CDU) verweigerte auf Anfragen der Landtagsabgeordneten Nolle und Heiko Hilker (PDS) die Auskunft: Milbradt sei wie ein Privatkunde zu behandeln, weshalb man der Schweigepflicht unterliege.

Die Landesbank habe aber die Kreditinformationen wahrheitsgemäß dem Finanzministerium übermittelt, erklärt Nolle nun. Nach seinen und den Erkenntnissen des Spiegels handelte es sich um 50.000 Euro, die Milbradt und seine Frau Angelika im geschlossenen Fonds "Kyma Objekt Löhrs Carré" anlegten. Damit wurde ein 88 Millionen Euro teures Gebäude in Leipzig finanziert, in das neben der Sparkasse auch die Landesbank selbst einziehen sollten. Die Rendite betrug 9,3 Prozent und war vollständig öffentlich abgesichert. Weniger öffentlich war das Geschäft, denn die einzelnen Fondszeichner tauchten im Handelsregister nicht auf. Zu welchen Konditionen sich Milbradt das Geld für die Einlage bei der Sachsen LB lieh und wie hoch seine Gewinnmarge war, ist nicht bekannt.

Als bis 2001 amtierender Finanzminister war Milbradt zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sachsen LB. Der hatte das Darlehen gebilligt. Nach Bankauskunft waren private Kreditvergaben an Mitglieder des Verwaltungsrates und des Kreditausschusses üblich. Sie schwankten insgesamt zwischen 1 und 4 Millionen Euro jährlich. Die Staatskanzlei wies deshalb alle Vorwürfe einer privaten Bereicherung zurück. Nach Angaben von Milbradts Regierungssprecher war der Fonds so konstruiert, dass ein Teil des Geldes für den Fonds durch einen Kredit der Landesbank finanziert werde musste - von den Zinsen hatte die Bank etwas. Milbradt hatte den Kredit in der Ausschussbefragung eingeräumt und will sich nicht weiter äußern.

"Die christliche Kategorie 'Demut' ist hier schon lange abhandengekommen", schimpfte Nolle. André Hahn von der Linksfraktion sprach von einem "klassischen Insidergeschäft zum Zweck der persönlichen Bereicherung". Wie er forderte auch die Grüne Fraktionschefin Antje Hermenau Milbradts Rücktritt. Ihm fehle der Instinkt, dass das, "was nicht ausdrücklich verboten ist, für einen Politiker noch lange nicht erlaubt ist", sagte sie. Die FDP sprach von einem "Tiefpunkt politischer Moral", und Dirk Panter, Generalsekretär des Koalitionspartners SPD, verlangte eine Erklärung Milbradts. Der CDU-Fraktionschef im Landtag, Fritz Hähle, wird mit dem vielsagenden Satz zitiert, er sei überzeugt, "dass der Ministerpräsident die Sache ausräumen kann".

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