Isländische Gratiszeitung gescheitert: Alles umsonst

Der isländische Dagsbrún-Verlag zieht sich aus dem Gratiszeitungsmarkt in den USA und Dänemark zurück.

STOCKHOLM taz Die Geschichte liest sich wie ein Märchen, auch wenn es in der globalisierten Welt natürlich keines ist: Ein isländischer Verlag wollte den europäischen und US-amerikanischen Zeitungsmarkt erobern. Und hat das auch getan.

Doch nun endet das Abenteuer, auf das sich der Dagsbrún-Media-Verlag vor zwei Jahren eingelassen hatte, als er Gratistageszeitungen in Dänemark und den USA auf den Markt brachte. Nachdem man sich im Januar teilweise aus dem teuren Abenteuer mit der Nyhedsavisen in Dänemark zurückgezogen und einen 51-Prozent-Anteil an dieser für 1 Krone (15 Cent) an Investoren aus dem IT-Sektor verkauft hatte, stellte Dagsbrún letzte Woche auch seine US-Gratistageszeitung Boston Now ein.

Die war bei ihrem Start vor einem Jahr als Vorläufer eines Dutzends weiterer ähnlicher Blätter in den USA angekündigt worden - was Dagsbrún hinter dem schwedischen Metro-Konzern zu einem der größten Akteure auf dem internationalen Gratispressemarkt gemacht hätte. Die Verluste waren weit geringer als in Dänemark, doch baldige Profitchancen sah man in Reykjavík offenbar in absehbarer Zeit auch nicht - obwohl Boston Now vom britischen Economist als eines der bestgemachten Gratisblätter der USA gelobt worden war.

Auch die dänische Nyhedsavisen wird als journalistisch durchaus gut gemacht gelobt und ist die auflagenstärkste Tageszeitung des Landes. Aus den roten Zahlen hat ihr das aber ebenfalls nicht geholfen. Darauf, dass sie das Jahresende erlebt, wollen die meisten Medienanalytiker keine Krone wetten. Und von der hochfliegenden Vision, das Konzept - guter Journalismus gratis direkt an die Haushalte - auf "Norwegen, Schweden, Finnland, Holland, Belgien, Schottland, Irland und dann weitere europäische Länder" auszuweiten, von denen Dagsbrún-Chef Gunnár Smári Egilsson beim Start in Dänemark noch gesprochen hatte, ist längst keine Rede mehr.

Neben dem Rückgang der Anzeigenkonjunktur traf den Mischkonzern Baugur, zu dem Dagsbrún gehört, auch der weltweite Börsenniedergang, der sich an der isländischen Börse massiv ausgewirkt hat und zu einer dramatischen Abwertung der einheimischen Währung führte. Von dem geplanten Gratispresseimperium bleibt damit nur die seit 2002 in Reykjavík erscheinende Fréttablasis. Die immerhin ist als auflagenstärkste Zeitung Islands nicht nur ein publizistischer, sondern auch ein finanzieller Erfolg.

Eisern hält auf dem Gratismarkt noch der schwedische Metro-Konzern durch. Der nach seiner am Montag präsentierten Bilanz für das erste Quartal 2008 mit seinen 70 Ausgaben in 23 Ländern wiederum 6,4 Millionen Euro Verlust machte, was zwar eine Verbesserung darstellte - doch bei 11 Verlustjahren in der 12-jährigen "Metro-International"-Geschichte ist gratis auch hier alles andere als profitabel.

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