Straßenproteste im Libanon: Hisbollah-Streik legt Beirut lahm

Die schiitische Miliz geht weiter auf Konfrontationskurs zur libanesischen Regierung. Die versucht, die Aktivitäten der Hisbollah einzudämmen.

Mit brennenden Barrikaden begehrt die Hisbollah gegen die prowestliche Regierung auf. Bild: dpa

BEIRUT taz Aus brennenden Müllcontainern, alten Autos, Betonblocks und Autoreifen errichteten Hisbollah-Anhänger am Mittwoch Barrikaden auf den Hauptstraßen der libanesischen Hauptstadt Beiruts. Sie blockierten den Zugang zum Seehafen sowie die Zugangsstraße zum Flughafen. Vielerorts gab es Schießereien zwischen Hisbollah-Milizen und Anhängern der Regierungsparteien.

Die schiitische Miliz hatte ihre Anhänger zum landesweiten Generalstreik aufgerufen, den sie aber nur in Beirut durchsetzen konnte. Es war der dritte Generalstreik während der 17-monatigen Krise zwischen der prowestlichen Regierung und der von der Hisbollah geführten Oppositionsallianz, die von Syrien und dem Iran unterstützt wird.

Ursprünglich hatten die Gewerkschaften den Streik geplant. Wegen der steigenden Ölpreise und des fallenden Dollarkurses sind die Lebenshaltungskosten im Libanon, der an die Dollarwährung gebunden ist, in den letzten Monaten rasant gestiegen. Die Gewerkschaften forderten deutliche Lohnerhöhungen.

Das Rumpfkabinett der Regierung unter Fuad Siniora beschloss am Montag Maßnahmen, um den Gewerkschaften entgegenzukommen. Der Mindestlohn wird um 60 Prozent erhöht, Grundnahrungsmittel werden nicht mit Steuern belastet, und Schüler öffentlicher Schulen sollen ein bescheidenes Taschengeld erhalten.

Nach diesem Schritt waren die Gewerkschaften über die Abhaltung des Streiks gespalten. Letztendlich kamen nur um die dreißig Personen zum Protestmarsch. Doch Hisbollah-Anhänger nutzten den geplanten Streik für ihre eigenen Zwecke. Denn in den letzten Tagen war das Rumpfkabinett auf Konfrontationskurs zur Hisbollah gegangen.

So beklagte der Drusenführer Walid Dschumblatt, ein Anhänger der Regierungskoalition, die illegale Installation von Kameras im Flughafenbereich durch eine Hisbollah-eigene Firma. Die Kameras zielen auf die Landebahn von Privatjets libanesischer Regierungsmitglieder und von Ehrengästen aus dem Ausland. Folglich entschied das Kabinett, den Sicherheitschef des Flughafens, dem enge Verbindungen zur Hisbollah nachgesagt werden, zu entlassen. Für die Hisbollah möglicherweise ein herber Schlag, denn Gerüchten zufolge soll der Sicherheitschef Waffenschmuggel aus dem Iran über den Flughafen gebilligt haben.

Der zweite Streitpunkt war ein von der Hisbollah illegal errichtetes Telefonnetzwerk auf libanesischem Gebiet. Der libanesische Informationsminister sprach von einem Anschlag auf die Souveränität des libanesischen Staats. Die Regierung will nun den Verantwortlichen der Hisbollah verklagen.

Die Straßenproteste sind ein weiterer Schritt im Konfrontationskurs der Hisbollah gegen die Regierung. Seit November 2007 können sich die beiden Lager nicht auf einen Präsidenten einigen. Die Opposition will eine Vetomacht im Kabinett, um wichtige Entscheidungen blockieren zu können. Die Ereignisse vom Mittwoch sind in diesem Zusammenhang zu sehen: Die Hisbollah demonstrierte wieder ihre Macht und warnte damit die Regierung, nicht weiter gegen die "Partei Gottes" vorzugehen.

CHRISTINA FÖRCH

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