Südafrikanische Provinz verklagt Pharmakonzern: Patentstreit um afrikanische Heilpflanze

David gegen Goliath: Alice, eine kleine, südafrikanische Gemeinschaft, züchtet Heilpflanzen. Der deutsche Pharmahersteller Schwabe verdient damit Geld. Das soll sich jetzt ändern.

Kein Glas Wein, sondern eine Mitarbeiterin des Pharmakonzerns bei der Arzneimittelherstellung. Bild: dpa

Eine ländliche Gemeinschaft in Südafrika wirft dem Karlsruher Pharmahersteller Dr. Willmar Schwabe vor, ihr Wissen über die Nutzung der Heilpflanze Pelargonie gestohlen zu haben. Einwohner der Ortschaft Alice legen deshalb nun beim Europäischen Patentamt Einspruch gegen zwei Patente der Firma ein, wie Nichtregierungsorganisationen am Mittwoch in München erklärten. "Es handelt sich um einen klassischen Fall von Biopiraterie", sagt Michael Frein vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), der die Südafrikaner unterstützt.

Die Bewohner von Alice stellen seit Jahrhunderten Tinkturen aus den Wurzeln zweier Pelargonienarten her, die in der Region wachsen. Damit behandeln sie Entzündungen der Atemwege und Krankheiten wie Tuberkolose. Schwabe produziert aus den Wurzeln einen Sirup namens Umckaloabo gegen Bronchitis, Husten und Erkältungen. 70 Millionen Euro im Jahr setzt die Firma damit nach eigenen Angaben allein Deutschland um.

"Die deutsche Firma hat uns nie gefragt", kritisierte Ntombekhaya Florence Api, eine Vertreterin der Alice-Gemeinschaft. "Wir haben als Erste entdeckt, wie man damit Krankheiten heilen kann." Außerdem werfen sie den Deutschen vor, örtliche Arbeitskräfte zur Ernte der Rohstoffe auszubeuten. Die Alice-Vertreter fordern deswegen von Schwabe, die Einwohner an den Gewinnen aus dem Medikamentenverkauf zu beteiligen.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, fechten die Südafrikaner nun gemeinsam mit der Organisation "Erklärung von Bern" die beiden Pelargonien-Patente von Schwabe an: Eines schützt die Extraktionsmethode, mit dem das Unternehmen Wirkstoffe aus der Pflanze zieht. Mit einem zweiten Patent sichert sich die Firma den exklusiven Gebrauch der beiden Pelargonien-Arten zur Behandlung von Aids und Folgekrankheiten der Immunschwäche.

"Die Erfolgsaussichten der Einsprüche sind ziemlich gut", sagt EED-Mann Frein. Die Heiler der Alice-Gemeinschaft setzten Pelargonien schon seit der Entdeckung von Aids gegen die Krankheit ein. "Das ist also nichts Neues und damit nicht patentfähig." Zudem sieht Frein einen Verstoß gegen die UN-Konvention über die biologische Vielfalt. Diese Vereinbarung, die Ende Mai in Bonn weiterverhandelt wird, legt fest, dass jede Pflanzenart dem Staat gehört, in dem sie in ihrer natürlichen Umgebung vorkommt. Wer sie nutzen wolle, benötige die Erlaubnis des Landes und der Träger des traditionellen Wissens.

Schwabe weist die Vorwürfe zurück. "Nicht wir haben die Pelargonie nach Europa gebracht, sondern ein britischer Major vor mehr als 100 Jahren", sagte Marketingleiter Traugott Ullrich der taz. Die Herstellungsmethode von Schwab sei viel komplizierter als die der Alice-Gemeinschaft. "Außerdem bieten wir vielen Leuten in der Region Arbeit." Es gebe auch keine Dokumentation, dass die Bewohner schon vor Schwabe die Pflanze für die Behandlung von Aids eingesetzt hätten.

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