Nach dem Bundesliga-Abstieg: Hansa Rostock redet Krise klein

Der FC Hansa Rostock steigt zum dritten Mal aus der Bundesliga ab. Alles nicht so schlimm - signalisieren Trainer Pagelsdorf und Klubchef Grabow.

Ab in die 2. Bundesliga: Spieler des FC Hansa nach der Niederlage gegen Leverkusen. Bild: dpa

ROSTOCK taz Es ist Rostocker Tradition, dass Probleme des FC Hansa so lange verharmlost und verdrängt werden, bis sie nicht mehr behoben werden können. In den vergangenen Wochen, als sich der dritte Bundesliga-Abstieg nach 1992 und 2005 schon abgezeichnet hatte, kam an der Küste so viel Krisenstimmung auf wie bei einer Kaffeefahrt mit Heizdeckenverkauf. Und auch jetzt, da der Sturz nach dem 1:2 gegen Leverkusen nicht mehr zu verhindern ist, verweigern die Verantwortlichen eine kritische Analyse für eine der schlechtesten Spielzeiten seit zehn Jahren. Stattdessen verkündete Vorstandschef Dirk Grabow den Wiederaufstieg als Ziel: "Das Grundgerüst der Mannschaft steht. Wir haben schon beim letzten Mal bewiesen, dass es einen Weg zurück gibt." Klingt einfach, ist es aber nicht.

Trotz der Tränen schaffte es der Tabellenletzte (27 Punkte, 20 Niederlagen) am Samstag, seinen trostlosen Abschied in das Gewand eines viel versprechenden Neuanfangs zu kleiden. Trainer Frank Pagelsdorf, der zuletzt nicht über seine Zukunft hatte sprechen wollen, sagte, dass er seinen Vertrag bis 2009 erfüllen möchte: "Ich fühle mich für die Mannschaft verantwortlich und für die Spieler, die kommen werden. Der ein oder andere kommt nur meinetwegen nach Rostock."

Auch Grabow wirkte darüber erleichtert. Harmonie an der Ostsee? Zusammenhalt in schlechten Zeiten? Die Situation ist auch anders interpretierbar: Der FC Hansa steigt ab und niemand scheint es zu merken, in Wahrheit steckt der Klub seit Jahren in einer Führungskrise. Es liegt die Vermutung nahe, dass Frank Pagelsdorf nach einer Rückrunde mit zehn erspielten Punkten seinen Job vor allem deshalb behalten darf, weil sein Bonus nach zwei Aufstiegen noch immer nicht aufgebraucht ist. Das Argument, der Klassenerhalt sei aufgrund des kleinen Etats (27 Millionen Euro) von Anfang an kaum möglich gewesen, widerlegen Cottbus und Karlsruhe. Die Spieler, die Pagelsdorf vor der Saison verpflichtet hatte, Victor Agali, Heath Pearce, Benjamin Lense, Diego Morais und Addy-Waku Menga, enttäuschten, nur Stefan Wächter, Orestes und Fin Bartels erreichten Bundesliganiveau.

Dass Pagelsdorf noch immer als der starke Mann gilt, liegt an der Schwäche der Führungsmitglieder. Der wortkarge Klubchef Dirk Grabow (37) verfolgt einen sparsamen Kurs. Weil er wenig Autorität besitzt, muss er immer wieder Spitzen des Trainers über sich ergehen lassen. Pagelsdorf fordert seit langem stattliche Investitionen in die Mannschaft. Auch von Herbert Maronn ist in dieser Debatte keine Klarheit zu erwarten. Der Manager scheiterte schon einmal 2006, nach seiner Rückkehr wirkt er so blass wie zuvor.

Unterstützung wird er demnächst von Stefan Beinlich erhalten. Der langjährige Mittelfeldspieler beendete am Samstag endgültig seine Karriere und wird demnächst als Teammanager für die Rostocker tätig sein. Wieder wird ein verdientes Mitglied der Hansafamilie belohnt. Der letzte Fremde, der eine wichtige Position bekleiden durfte, war Trainer Armin Veh vor sechs Jahren.

Doch wer soll Innovationen ermöglichen? Wolfgang Holz, der mächtige Aufsichtsratsvize, ist verstorben. Auch Horst Klinkmann (73), ein anerkannter Mediziner und Chef dieses höchsten Gremiums, bemühte sich um rechtzeitige Weckrufe. Doch seit sein Abschied aus dem Aufsichtsrat feststeht, hält sich Klinkmann in der Öffentlichkeit zurück. Im kommenden November wird der neue Aufsichtsrat gewählt, der wiederum den Vorstand bestellt. Bis dahin muss sich der Klub längst verstärkt haben, denn die finanzielle Situation spitzt sich zu: Der Etat sinkt in der zweiten Liga auf 17 Millionen Euro.

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