Kolumne Wechseljahr 2008: Der grüne Bushmann

Mal Umweltpolitiker, mal Waffennarr - John McCain sprintet derzeit im Zickzack von der politischen Mitte nach Rechts und zurück.

Wird John McCain der neue grüne Kandidat? Seit Tagen klettert McCain vor Kameras im nassen Wald im nordwestlichen Bundesstaat Washington herum, distanziert sich lautstark von George W. Bushs Energiepolitik ("In dieser Sache bin ich schon seit Jahren uneins mit dem Präsidenten, die Unterschiede sind lang andauernd, signifikant, tiefgreifend und gewichtig") und propagiert sein Programm für die Kohlendioxidreduktion (mit Seitenhieben gegen die angeblich ungenügenden Vorschläge seiner demokratischen Kontrahenten). O-Ton seiner Sprecherin: "John McCain ist außerordentlich dafür qualifiziert, die Führerschaft bei Umweltthemen zu übernehmen." Dass McCain die Abstimmung über die Erhöhung von Benzineffizienzstandards verpasst hat, bleibt unerwähnt.

McCain distanziert sich auch von Bush beim Thema Orkan "Katrina". Wäre das Desaster unter seiner Regie passiert, versichert er den Wählern im immer noch schwer leidenden Südstaat Louisiana, wäre er sofort höchstpersönlich per Flugzeug angereist. "Nie wieder, nie wieder wird eine solche Katastrophe so schändlich gehandhabt werden." In Wirklichkeit aber hat McCain gegen die Bewilligung von Hilfsgeldern für das Krisengebiet gestimmt.

Wie kann McCain die Erbschaft von Bush effektiv weiterführen, während er unentwegt gegen diesen - inzwischen hoffnungslos ungeliebten - Präsidenten wettert? Im Allgemeinen rätseln die Republikaner momentan ganz offen, wie sie der Partei am besten ein "rebranding" (neues Markenzeichen) verpassen können. Ein kniffliges Problem. Aber McCain meistert die Situation. Er sprintet im Zickzack. Richtung Mitte eben. Aber dann bitte schön wieder Richtung rechts. Also versichert McCain vor konservativen Zielgruppen, dass er rechts tendierende Richter befördern wird. (Hunderte Richter werden in den USA während der nächsten vier Jahre vom Präsidenten ernannt werden; es ist einer der bedeutendsten Nacheffekte jeder Präsidentschaftswahl).

Er trifft sich diese Woche mit der Waffenlobby - er ist gegen Restriktionen. Er befürwortet die Abschaffung der umstrittenen Grundsatzentscheidung Roe v. Wade, die das Recht auf Schwangerschaftsabbruch garantiert. Und er bezeichnet sich als "stolz" darauf, dass er Unterstützung bekommen hat vom evangelikalen Megakirchenpastor John Hagee aus Texas (der sich dieser Tage auch geflissentlich dafür entschuldigte, dass er die katholische Kirche einst "die große Hure" genannt hat). Anscheinend nicht der Entschuldigung wert waren Hagees homophobe Bemerkungen zu "Katrina". Der Orkan sei absichtlich von Gott geschickt worden, weil am Montag nach dem Sturm eine GayPride-Parade geplant war. Die Antischwulenlobby will man offensichtlich nicht verlieren.

Tatsache ist, dass McCain in 89 Prozent aller Abstimmungen im Kongress in den Jahren von Bushs Amtszeit auf der Seite seiner Regierung war; im Jahr 2007 lag seine Übereinstimmung gar bei 95 Prozent. Wenn er aber weiterhin die politischen Kategorien so geschickt verdreht, kann es gut sein, dass diese Vergangenheit ihm gar nicht schadet.

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