Neue Version des "100-Dollar-Laptops": Billiger und ohne Tasten

Das "One Laptop per Child"-Projekt stellt die neue Version ihres Kinderrechners für Entwicklungsländer vor. Er hat keine Tastatur mehr, ist wie ein Buch benutzbar und soll 75 Dollar kosten.

Tippen wie auf dem IPhone: die neue Generation der OLPC-Laptops. Bild: promo

Die Initiative "One Laptop per Child" (OLPC), die Kinder in den Entwicklungsländern mit aktueller Computertechnik versorgen will, hat die zweite Generation ihres Bildungsrechners "XO" vorgestellt. Schlicht "XO-2" genannt, soll das neue Modell diverse verbesserte Technologien enthalten, aber trotzdem deutlich weniger kosten. Zielpreis seien erstaunliche 75 Dollar statt der aktuell verlangten 188, teilte das Projekt am Dienstag mit. Diese Reduzierung lasse sich über billigere Hard- und Software erreichen. Gleichzeitig soll aber auch der Strombedarf der kleinen Maschine sinken.

Der XO-2 soll ab 2010 verfügbar sein und wird noch deutlich kleiner als das aktuelle Modell ausfallen. Man müsse sich das Gerät eher wie ein Buch vorstellten, hieß es von den OLPC-Verantwortlichen. Die Maschine besitzt statt einem künftig zwei Bildschirme, dafür jedoch keine physikalische Tastatur mit Tasten mehr. Diese wird stattdessen direkt grafisch auf einem der Displays dargestellt, die berührungsempfindlich sind - sehr praktisch auch für Fremdsprachen. So tippt man auf dem XO-2 ähnlich wie auf einem iPhone.

Der Rechner lässt sich aufschlagen wie ein Buch, beide Bildschirme bilden auf Wunsch eine gemeinsame Fläche. Dieser neue Displaytyp wird von Mary Lou Jepsen, der ehemaligen OLPC-Technologiechefin, entwickelt. Sie betreibt seit Anfang 2008 ein eigenes Unternehmen namens Pixel Qi, das das Display dann an die Bildungsrechnermacher lizenzieren soll. Man habe festgestellt, dass die Nutzung des Rechners als elektronisches Lehrbuch von zentraler Bedeutung sei, hieß es bei der Vorstellung des XO-2. Darauf sei das neue Design ausgerichtet.

Vor der Einführung der neuen Generation wird jedoch auch der aktuelle XO weiter optimiert. Ein "XO-1.5" genanntes zweites Modell mit weniger Bauteilen und damit verbundenen geringeren Kosten soll noch im Frühjahr 2009 vorliegen - welcher neue Preis angepeilt wird, gab die Initiative noch nicht bekannt.

Positive Nachrichten kann das OLPC-Projekt gut gebrauchen, denn das Projekt kommt seit Monaten nicht zur Ruhe. Wichtige Mitarbeiter wendeten sich ab und auch der Absatz der Bildungsrechner stockt. Statt der geplanten Millionen Maschinen wurden bislang nur 600.000 Stück weltweit verkauft. Nicholas Negroponte, der das Vorhaben 2005 angeschoben hatte, will nun mit Überarbeitungsmaßnahmen gegensteuern: Für 10 Dollar extra, die in Speicherausbau und Lizenzgebühren fließen, soll ein leicht optimierter XO bald auch für Microsofts altes Windows XP geeignet sein - und nicht nur für das freie Betriebssystem Linux, auf dem die aktuelle Oberfläche basiert. Microsoft hat dazu extra seine Software speziell an den XO angepasst und führte dies in der vergangenen Woche im Internet vor.

Negroponte hofft so Regierungsorganisationen eher vom Kauf des Rechners überzeugen zu können, da damit auch bestehende PC-Bildungssoftware laufen würde und das kommerzielle Betriebssystem auf dem ganzen Globus bekannt sei. Walter Bender, ehemaliger OLPC-Präsident, trat daraufhin ab - er will nun die neuartige XO-Linux-Software "Sugar" in einer eigenen Stiftung weiterentwickeln und später dann auch anderen Hardware-Herstellern anbieten. Das Hauptaugenmerk soll dabei im Bildungssegment liegen. Bender schmeckte der von Negroponte schon seit längerem vorbereitete Microsoft-Schmusekurs überhaupt nicht, gehörte er doch zu denjenigen, die die XO-Durchsetzung auch stets mit dem Fortkommen freier Software in aller Welt verbunden hatte.

Der erste Windows-XO soll im Juni verfügbar sein - allerdings wird die angepasste Maschine, die Linux und Microsoft-Betriebssystem nebeneinander beherrscht, zunächst nur in einigen Testmärkten angeboten. Microsoft verspricht eine volle Unterstützung für die speziellen Funktionen des XO, man habe über ein Jahr lang daran gearbeitet.

Welche Software auf dem für übernächstes Jahr angepeilten XO-2 laufen wird, ist bislang noch unklar. Bevor der 75-Dollar-Rechner tatsächlich Realität wird, ist noch viel Forschungsarbeit notwendig. Einige der Technologien, die die OLPC-Macher einsetzen wollen, sind noch gar nicht ausgereift - schon gar nicht zum angedachten Preis.

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