Kommentar CDU-Bildungsoffensive: Länder werden weiterwurschteln

Die Bildungsoffensive der CDU ist nötig - und unglaubwürdig.

Ausgerechnet Norbert Röttgen und Annette Schavan. Man kann es fast nur als Ironie der Geschichte bezeichnen, dass diese beiden CDU-Politiker nun eine milliardenschwere nationale Bildungsoffensive einfordern und sich damit massiv in die misslungene Schulpolitik der Länder einmischen. Schließlich war Schavan in ihren zehn Jahren als Schulministerin stets eine Vorkämpferin für die Kulturhoheit der Länder. Und Röttgen war einer der Architekten der Föderalismusreform, die im Jahr 2006 beschlossen wurde. Jener Reform also, die den Ländern nicht weniger, sondern noch mehr Macht in der Bildungspolitik verschafft hat.

Doch offenbar ist inzwischen auch bei den Bundespolitikern der Union die Schmerzgrenze erreicht. Das Versagen der Länder in der Bildungspolitik ist zu offenkundig: 80.000 Schüler pro Jahr verlassen die Schule ohne einen Abschluss, das sind acht Prozent eines Jahrgangs. Laut der aktuellen Pisa-Studie gehören rund 20 Prozent der 15-Jährigen zur sogenannten Risikogruppe. Auf dem Arbeitsmarkt haben sie so gut wie keine Chance.

Der Bund kann derzeit nur eingreifen, wenn es zu spät ist. Mehrere Milliarden Euro kostet die Reparatur des Länderversagens jedes Jahr. Im Herbst will nun auch die Kanzlerin Angela Merkel mitmischen und lädt die Ministerpräsidenten der Länder zu einem nationalen Bildungsgipfel. Doch allzu viel sollte man sich von der Offensive nicht versprechen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hat schon deutlich gemacht, der Bund solle sich in Sachen Bildung raushalten. Ihren erst kürzlich erlangten Machtzuwachs werden sich die Länder so schnell nicht wieder nehmen lassen.

Das legt den wahren Kern des Vorstoßes offen: Die CDU positioniert sich für den Bundestagswahlkampf 2009, in dem Bildung eines der zentralen Themen werden könnte. Zwar gilt nach wie vor die alte Weisheit, dass man mit dem weichen Thema Bildung keine Wahlen gewinnen kann. Inzwischen kann man sie aber verlieren, wenn man die drastischen Probleme nicht aufgreift - egal, ob man dafür zuständig ist oder nicht.

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Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.

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