Der Animationsfilm "Kung Fu Panda": Immer voll drauf

Wenn es gut läuft, können Kung-Fu- und Animationsfilm die Wirklichkeit aussetzen. "Kung Fu Panda" soll die Genres verschmelzen, schöpft die sich daraus ergebenden Möglichkeiten aber leider nicht aus.

Martial-Arts-Dramatik mit Stofftierdramaturgie: "Kung Fu Panda" Bild: universal

Wenn Filmemacher von Familienkino sprechen, heißt das meistens, dass sie faule Kompromisse machen mussten. "Eine Familienkomödie" wollte Dreamworks mit "Kung Fu Panda" machen, vulgo einen Kung-Fu-Film, bei dem keiner stirbt und in dem das Quälen des korpulenten Helden als Gag inszeniert wird. Familienkino ist das Joch, unter das immer mehr Animationsfilme gezwungen werden. Sie dürfen sich nicht nur an Kinder richten, damit die Eltern gern mit reingehen. Die Logik geht dabei zuschanden. Wenn einer vor Sterbensangst schreit: "Wir sind alle tot", dann müssen sich nach der gewaltigen Explosion alle brav einmal bewegen, damit man sieht, alles lebt.

"Kung Fu Panda" soll also Martial-Arts-Dramatik mit Stofftierdramaturgie verbinden. Po, der Held, ist ein tapsiger Panda, der in jedes Fettnäpfchen tritt und mit seiner Fettleibigkeit und Langsamkeit das genaue Gegenteil der durchtrainierten Kung-Fu-Kämpfer ist. Trotzdem wird gerade er auserwählt, den Bösewicht, der das Leben aller bedroht, zu besiegen.

"Ihr seht ja besser aus als eure Actionfiguren", sagt der Panda Po, als er zum ersten Mal den vergötterten Kämpfern für das Gute begegnet. Diesen Satz löst der Film nicht ein - Parodie erlaubt er sich nur in homöopathischen Dosen. Dann allerdings ist er wunderbar. Einmal kämpft Po mit seinem Meister mit Essstäbchen um einen Reisball: stakkatohafte, rasend schnelle Bewegungen der Arme bei regungslosem Oberkörper, abrupte Wechsel von Niederlage und Sieg. Alles, was den visuellen Glamour des Genres ausmacht, bei gleichzeitiger Verulkung seiner Argumentation, nämlich dass körperliche und geistige Überlegenheit nur durch Kasteiung zu erreichen ist. Statt ein Held zu sein, geht es Po darum, sich den Bauch vollzuschlagen.

Kung-Fu-Filme leben davon, dass etwas schneller, stärker, seiltänzerischer erfolgt als in der Wirklichkeit. Animationsfilme leben davon, dass sie solche Vorgaben nicht interessieren. Die Aussetzung der Wirklichkeit ist ein klassisches Gagpotenzial. Eines, das "Kung Fu Panda" selten nutzt. "Wir wollten das Genre respektieren und ehren", sagt der Regisseur John Stevenson. Und so sind die Bewegungen der Kämpfenden bloß noch schneller, ihre Schläge noch zerstörerischer. Animation heißt, sensuelle Erfahrungen zu schaffen in einer unrealistischen Umgebung. Bloß zu übertreiben ist ein Animationsanfängerfehler.

Wenig überzeugend ist auch die Figurengestaltung. Pos Mitstreiterin Tigriss hat rote Augen, einen Bürstenhaarschnitt, der statt an Fell an einen Schrubber erinnert, und sie bewegt sich beim Laufen wie eine Raupe: Sie zieht sich in der Mitte zusammen und streckt sich dann wieder. Was immer diese Figur sein soll, ein Tiger ist sie nicht.

Allein Glaubwürdigkeit aber macht Figuren lebendig. Für Po gelingt dies dem herausragenden Synchronsprecher Hape Kerkeling. Er schleimt, er trumpft auf, er verzagt, er macht den quälenden Schmerz darüber, als Fettwanst gehänselt zu werden, ohne sich wehren zu können, erlebbar. Warum er denn die Schikanen und den Schmerz des Kung-Fu-Trainings ausgehalten habe, fragt der Meister den plumpen Po. "Weil dieser Schmerz nicht so schlimm ist, wie nur ich zu sein." Eigentlich ein klischeeverseuchter Satz. Kerkeling aber gelingt es, ein Diktum von Umberto Eco mit Leben zu versehen: Ein Klischee ist ein Klischee, tausend Klischees sind die Wirklichkeit.

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