Ernährungstipps von Ministerin Von der Leyen: Bilanz fiel unter den Küchentisch

Ministerin von der Leyen wollte am Dienstag einen Zwischenbericht des Aktionsplans für ein kindergerechtes Land präsentieren - und gab statt dessen Kochtipps.

Kinder, das hier ist eine Gurke. Ganz unkompliziert! Bild: dpa

BERLIN taz Eigentlich sollte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen am Dienstag in Berlin einen Zwischenbericht des Nationalen Aktionsplans für ein kindergerechtes Deutschland präsentieren. Doch dann erzählte sie den mindestens drei Dutzend anwesenden Journalisten, warum der Küchentisch das wichtigste Möbelstück ist, und wie man ganz unkompliziert lecker kochen kann. Und sollte. Denn es ging ja immer noch irgendwie um eine kindergerechte Welt, um Regierungsmaßnahmen zur nationalen Umsetzung von UN-Papieren, und äh, um Möhrchen.

Die sollen Kinder am besten selbst aussuchen, dann essen sie sie eher. Sagte Sarah Wiener, die im ZDF bei "Kerner" kocht und Ministerin von der Leyen auf der Pressekonferenz im alten Hamburger-Bahnhof-Gebäude mit kulinarischen Tipps unterstützte. Sie hat die Stiftung "Für gesunde Kinder und was Vernünftiges zu essen" ins Leben gerufen und brutzelt ansonsten des Abends Rindsrouladen für 22,60 Euro, in ihrem Restaurant gleich nebenan im Gebäude. Genau dort gaben im Anschluss an die Pressekonferenz beide, Sarah Wiener und Familienministerin, ein Kochtraining für Grundschüler aus Berlin-Kreuzberg. Denn: Spaß am Kochen sorge für ein gesünderes Lebensverhältnis, so von der Leyen, und das sei einer von vielen Aspekten des Nationalen Aktionsplans.

Den hatte die Bundesregierung im Jahr 2005 beschlossen, um mit ihm den Beschluss des UN-Weltkindergipfels aus dem Jahr 2002 auf nationale Ebene umzusetzen. Die damalige Familienministerin Renate Schmidt (SPD) wollte Deutschland zu einem der kinderfreundlichsten Länder Europas machen. Schmidt beschrieb die damalige Ausgangssituation in Deutschland bissig folgendermaßen: "Man kann mit einer mannshohen Dogge wahrscheinlich eher eine Mietwohnung finden als mit zwei Kindern".

Für mehr Kinderfreundlichkeit machte die Regierung gleich sechs Baustellen auf: Chancengerechtigkeit durch Bildung, Aufwachsen ohne Gewalt, Förderung eines gesunden Lebens, Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, Entwicklung eines angemessenen Lebensstandards für Kinder und um internationale Verpflichtungen. Die Themen reichen vom Screening für Neugeborene bis zur Prävention von Teenagerschwangerschaften, von der Forderung nach mehr männlichen Grundschullehrern bis zur Unterstützung des Kampfes gegen den Einsatz von Kindersoldaten.

Die versprochene Zwischenbilanz des Plans fiel live zwar unter den Küchentisch, der 45-seitige Bericht steht aber im Internet und zeigt, dass die Regierung vor allem auf Initiativen und zum Beispiel lokale Bündnisse setzt. Als Beispiel nannte die Familienministerin die 1.700 Firmen des Unternehmensnetzwerks "Erfolgsfaktor Familie", das sich für eine familienfreundlichere Arbeitsstruktur engagiert.

Und so elegant schloss sich der kulinarische Argumentationsreigen: Wenn man seine Kinder aus ernährungspädagogischen Erwägungen die Möhrchen selber schälen lässt, dann dauert das Ganze natürlich länger und braucht man mehr Zeit - sagte Wiener. Mehr Zeit haben Eltern, wenn die Arbeit familienfreundlicher gestaltet wird, und da will die Regierung "die Rahmenbedingungen schaffen" - sagte von der Leyen.

Dass ein kindgerechteres Deutschland nicht nur an der Frage "Gemüsesuppe oder Tiefkühlpizza" hängt, müsste eigentlich auch die Familienministerin wissen. Erst kürzlich präsentierte sie schließlich den aktuellen Unicef-Bericht über die Situation von Kindern hier im Vergleich zu anderen Industrieländern: Zu viele Kinder werden im Bildungssystem früh aussortiert, zu viele Kinder leiden unter der Armut ihrer Eltern, besonders Kinder aus Großfamilien und von Alleinerziehenden.

Aber warum Mama zu wenig Geld hat, um das Schulessen zu bezahlen, kann sie ihren Kindern ja gemütlich am Küchentisch erklären.

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