Pressekonferenz der Freien Wähler: Die Gabriele-Pauli-Show

Eigentlich wollten die Freien Wähler ihr Wahlprogramm und die Ex-Ministerpräsidentenstürzerin als Kandidatin vorstellen. Statt dessen präsentierte Gabriele Pauli nur Gabriele Pauli.

Sie tritt für die "Freien Wähler" gegen Günter Beckstein an: Gabriele Pauli. Bild: dpa

NÜRNBERG taz Ein Abstieg sieht anders aus: Im letzten Jahr, als CSU-Landrätin und Stoiber-Kritikerin, veranstaltete Gabriele Pauli ihre Pressekonferenzen noch in einem zugigen Einkaufszentrum. Inzwischen ist Pauli Amt und CSU los - doch zur Pressekonferenz empfängt sie inzwischen im ehrwürdigen Marmorsaal des Nürnberger Presseclubs. Eigentlich soll an diesem Donnerstagvormittag das Landtagswahlprogramm der "Freien Wähler" (FW) vorgestellt werden, und dabei will der Vorstand auch Pauli als Nürnberger Zugpferd präsentieren. Schließlich tritt sie im Stimmkreis Nürnberg-Nord gegen Bayerns Ministerpräsidenten Günther Beckstein an. So hatte das der Landwirt und FW-Chef Hubert Aiwanger geplant.

Doch wenn Pauli kommt, läuft meistens alles anders als geplant. Das war in der Vergangenheit so, als sie gegen die CSU kämpfte und immer wieder neue Überraschungen bereithielt, und das ist auch heute so: Schon die einleitende Vorstellung des Wahlprogramms übernimmt gekonnt das braungebrannte Neumitglied. Danach folgt ein Auftritt, wie man ihn von Pauli kennt: Die Verbindung aus der Suche nach dem Selbst und pragmatischen politischen Forderungen. "Bürger haben die Politiker, die sie kreieren", sagt Pauli auf die Frage nach ihrem Wahlziel und meint: "Ich steig jetzt ein bisschen tiefer ein!"

Alles sei ein Spiegel, viele seien in ihrem Leben "total angstgesteuert" - sie dagegen vertrete die Freiheit. Einen Bogen wolle sie ziehen, von dieser persönlichen Auffassung zum Leben, hin zur Politik. Weniger Datensammelei, weniger Angst vor Kriminellen, weniger Drangsalierungen von Rauchern - das sieht Pauli als politisches Ergebnis ihrer Selbstreflektionen. Dass mit Wahlziel eigentlich Zahlen gemeint waren, hatte Pauli überhört - oder wollte es. "Wissen sie, ich hänge nicht an Prozentsätzen", erklärt sie schließlich auf Nachfrage.

Und sie versichert, dass sie keinen überrollen wolle. Doch das hat Pauli bereits, wie nicht zuletzt das ausdruckslos schmallippige Gesicht ihres Vereinsvorsitzenden Aiwanger zeigt.

Monatelang hatte er gegen die motorradfahrende, lackbehandschuhte, angstbefreite Wohlfühlpolitikerin gekämpft, aus Angst vor verschreckten Kommunalpolitikern und Wählern - und auch in der taz seine Zweifel gegenüber Pauli kundgetan. Doch jetzt, kurz vor Wahl, fiel ihm sein Nürnberger Verband in den Rücken, wie er freimütig an diesem Donnerstag eingesteht. Die Nürnberger Mitglieder hätten die Aufstellung des prominenten Zugpferds Pauli verlangt. Es galt "aus dieser Situation das Beste zu machen", formuliert Aiwanger seinen erzwungenen Meinungsumschwung. Fast wie eine Beschwörung klingt es, als er anfügt: "Wir müssen modern sein!"

Für Pauli gehört dazu natürlich auch ihr ganz eigenes Familienbild, die Ehe, die von Staats wegen alle sieben Jahre auf den Prüfstand kommen solle. Sie hat keine Zugeständnisse gemacht bei ihrem Eintritt in die Wählergruppierung, die laut Umfragen zwischen vier und fünf Prozent steht und damit vor dem erstmaligen Einzug in den Bayerischen Landtag. "Alles was ich bisher gesagt habe, gilt für mich nach wie vor", erklärt Pauli. Natürlich gehöre dazu auch weiter die befristete Ehe, hätten doch Beziehungen auch oft mit Ängsten und Zwängen zu tun. "Der Staat müsste die freie Entscheidung erleichtern." Mit einem Kunstgriff versucht Aiwanger diese für seine Gruppierung wohl gefährliche Haltung auf Linie zu bringen: Von den oft scheiternden Ehen spricht auch er, aber verweist auf familiäre Rechtskonstrukte wie Gütergemeinschaften oder Zugewinngemeinschaften, die es zu stärken gelte. Der kritische Knoten in dieser Frage sei zerschlagen, frohlockt Aiwanger gar. Doch er hat die Rechnung ohne sein selbstbewusstes neues Mitglied gemacht.

"Meine Forderung wurde von den Freien Wählern nicht übernommen", sagt sie und lächelt. Trotzdem werde sie das natürlich weiterhin vertreten. Den Wählern scheint das nicht zu passen: 50 Prozent der Bayern lehnen Pauli als FW-Kandidatin ab, so eine Sat1-Umfrage, die beim Auftritt im Marmorsaal noch nicht bekannt war.

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