Berlusconis Verein AC Mailand in der Krise: Zahlmeister gesucht

Die Fans des AC Mailand machen sich Sorgen um die Zukunft. In der vergangenen Saison war der Club gerade mal im UEFA Cup. Die Forderung: Silvio Berlusconi soll verkaufen.

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi im Arm des Milan-Trainers Carlo Ancelotti. Bild: ap

ROM taz Schande. Das ist ein Begriff, der in Italien in diesen Tagen vor allem für den auf den Straßen Kampaniens herumliegenden Müll verwendet wird. Kaum hat man ihn im Zusammenhang mit dem glorreichen Fußballverein AC Mailand vernommen. Jetzt ist es so weit. "Schande", rufen die erbosten Tifosi, "Schande, wenn sich die Fans für die eigene Mannschaft schämen müssen". Was ist nur in Mailand passiert?

Der Verein ist aktueller Club-Weltmeister, wurde gerade erst von Manchester United als amtierender Champions-League-Sieger abgelöst, war in den letzten Jahren sieben Mal italienischer Meister, gewann in derselben Zeit fünf Mal die Champions League. In der vergangenen Saison qualifizierte sich der AC Mailand allerdings nur für den Uefa-Cup. Wenn schon der FC Bayern München diesen Wettbewerb nicht vollends ernst nimmt, was muss das bloß für Milan bedeuten? Silvio Berlusconi, der Clubbesitzer, hätte diesen Ausrutscher nun mit einer spektakulären Einkaufskampagne korrigieren können, monieren die Fans. Hat er aber bisher nicht. In einer Unterschriftenaktion im Internet haben nun bisher fast 10.000 Milanisti ihren Patron zum Verkauf des Vereins aufgefordert.

Berlusconi, der seit April wieder einmal Italiens Ministerpräsident ist, lässt die Milan-Präsidentschaft ruhen, bestimmt als Finanzier aber immer noch die Geschäfte im Verein. "Unser Präsident hat keine Intention mehr, in den Verein zu investieren", klagen die Tifosi auf ihrer Internetseite und behaupten: "Seit er Politik macht, ist Milan ökonomisch nicht mehr wettbewerbsfähig in Europa." War da was? Der Medienunternehmer Berlusconi, der den maroden Verein 1986 kaufte, stieg 1994 in die italienische Politik ein. Milan gewann seither alles und wurde zu einer der stärksten Mannschaften Europas. Wenn Berlusconi von Politik und von Fußball sprach, bezeichnete er Erstere schon mal als "profan", den Sport als "heilig" und vermischte seine beiden Lieblings-Sphären auch gerne miteinander. Etwa im vergangenen Wahlkampf, als er ausgerechnet auf einer Veranstaltung in Rom versprach, Ronaldinho vom FC Barcelona nach Mailand zu holen.

Ronaldinho ist immer noch nicht in Sicht. Stattdessen verpflichtete der Verein Außenverteidiger Gianluigi Zambrotta aus Barcelona und den französischen Mittelfeldspieler Mathieu Flamini von Arsenal London. Den Mittelfeldzauberern Pirlo, Kakà und dem jungen Brasilianer Alexandre Pato (18) traut das Publikum zwar einiges zu. Wenn in der Sommerpause keine spektakulären Transfers verkündet werden, beginnt das Volk jedoch zu murren, besonders in Mailand. Die Fans befürchten den sportlichen Niedergang mit einem Team, dessen Galionsfigur immer noch Paolo Maldini heißt und gerade 40 geworden ist. Was der Verein in den vergangenen zwei Jahren erreicht habe, sei auf eine wundersame Leistung der alternden Mannschaft zurückzuführen, behaupten die Fans.

"Bizarr" findet die Vorwürfe der Milan-Geschäftsführer Adriano Galliani. "Berlusconi beschäftigt sich überhaupt nicht mit den Geschäften bei Milan und hat schließlich die wichtigsten Spieler für den Uefa-Cup gehalten." Beschäftigt er sich nun mit dem Verein oder nicht, fragen sich die Tifosi berechtigterweise. In einem Punkt sind sie sich in Mailand wenigstens einig: "Die Steuern, die Stadien, die hohen Preise", sagt Galliani - die italienischen Teams könnten nicht mehr mit den Mannschaften aus England und Spanien mithalten, meint auch er. Es scheint, als sei die Saure-Gurken-Zeit im italienischen Fußball längst angebrochen.

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