Von der Studentin zur Alleinerziehenden: "Mit Kind auf dem Dorf abgeladen"

Kinder kriegen, den Mann unterstützen, nicht nach dem Geld fragen - wie aus der Studentin Lena Meier eine Alleinerziehende wurde.

Als Mutter und Hausfrau auf dem Land festhängen - so ging es Lena Meier. Bild: dpa

BERLIN taz Mit seinem aktuellen Urteil bestärkt der Bundesgerichtshof Alleinerziehende. Auch Lena Meier*, die mitten im Scheidungsverfahren steckt, kann hoffen. Sie und ihr Mann Markus Lenz* hatten sich während des Studiums kennengelernt und geheiratet. Kurz darauf kam das erste gemeinsame Kind zur Welt. Während Meier ihr Studium abbrach, beendete Lenz seins. Danach entwickelte sich Lenz Karriere zusehends, deshalb zog die Familie im Schnitt alle zwei Jahre um. Die drei lebten meist auf dem Land, der Vater pendelte zur Arbeit in die Stadt. Heute sagt Lena Meier: "Ich wurde mit dem Kind einfach in kleinen Dörfern abgeladen." Als Mutter und Hausfrau hing sie fest.

Mit 29 Jahren bekam Meier das zweite Kind, erneut rückte das Studium in weite Ferne. Sie blieb daheim, organisierte das Familienleben und half ihrem Mann im Büro aus. Mehr wäre auch nicht gegangen: Bei der Älteren stellten die Ärzte eine Nervenkrankheit mit Lähmungserscheinungen fest. Und auch Lena Meiers Gesundheitszustand war nach der zweiten Schwangerschaft labil, Mutter und Tochter mussten immer wieder ins Krankenhaus.

Immer wieder lebte sich die Familie an den wechselnden Wohnorten ein. Als Assistent und Manager bezog Markus Lenz ein ordentliches Gehalt, jeden Monat überwies er seiner Frau Geld für den Lebensunterhalt auf ihr Konto. Ihre Fragen nach den Finanzen wimmelte er ab: Das würde sie eh nicht interessieren. Zu spät hat Meier bemerkt, dass da irgendetwas nicht stimmt.

Heute begründet sie damit ihren Wunsch, sich scheiden zu lassen: "Durch Misstrauen und Geheimnistuerei haben wir uns auseinandergelebt." Vor fünf Jahren zog sie mit den Kindern aus. Für ihr neues Leben plante sie, für die Kinder da zu sein und ihr Studium zu beenden. Ihr Ehemann versprach, ihr dabei zu helfen. Im vergangenen Jahr nun schrieb sich Lena Meier an der Universität ein. "Ich wollte irgendwann auf eigenen Beinen stehen", sagt die heute 36-Jährige. Als Anfang dieses Jahres das neue Unterhaltsrecht in Kraft trat, war plötzlich auch Markus Lenz bereit, sich scheiden zu lassen. "Du wirst schon sehen, was du davon hast", zitiert Meier ihren Mann.

Seit Mai läuft der Scheidungsprozess, und seither bekommt Lena Meier nur noch den Unterhalt für die Kinder. Das angerufene Familiengericht entschied mit Blick auf die neue Rechtslage, dass die Mutter nun, da die Kinder sieben und elf Jahre alt sind, arbeiten gehen könne. Mit ihrem Anwalt versuchte Meier darzulegen, dass ihre Kinder eine Vollzeitstelle unmöglich machen. Vergeblich. "Eine Doppelbelastung wurde meiner Mandantin als selbstverständlich zugemutet", sagt der Fachanwalt für Familienrecht. Sie soll sich um die Kinder kümmern, von denen eins chronisch krank ist, und gleichzeitig genug Geld verdienen.

Aussagen wie "Ich habe für meine Familie das Studium abgebrochen" zählen nicht mehr. Im Gegenteil, Lena Meier muss sich vorwerfen lassen, das Studium aufgegeben zu haben. Für das nächste Verfahren wurde von ihr ein Lebenslauf verlangt, der ihre Situation vor der Ehe schildert. "Bis Dezember vergangenen Jahres hätte sie sich das nicht anhören müssen", sagt ihr Anwalt. Gerade hat Lena Meier erneut ihr Studium abgebrochen, um Hartz IV beantragen zu können.

Nach der aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshof sieht auch ihr Anwalt neue Chancen für sie: "Kein Gericht darf von einer Mutter mit zwei kleinen Kindern eine Vollzeitstelle erwarten." Er hofft nun auf viele ähnliche Entscheidungen, dann werde für seine Mandantin schneller klar, wie lange und in welcher Höhe sie bald das Betreuungsgeld bekommen wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.