Zoff ums Klimacamp 2008: Grüne machen Grünen Stress

Ausgerechnet ein Camp von Klimaschützern wird zur ersten Bewährungsprobe der Grünen im Hamburger Senat. Bisher finden die Protestzelter nämlich keinen Platz und drohen mit Besetzung.

Ca.2500 Klima- und Antirassismus-Camper wollen im August in Hamburg ihre Zelte aufschlagen - ausgerechnet die Grünen helfen nicht bei der Platz-Suche. Bild: ap

BERLIN UND HAMBURG taz Es wird das Ereignis der linken Szene 2008 werden. Mit mindestens 800 Teilnehmern rechnen die Veranstalter Mitte August beim Klimacamp 08 in Hamburg. Zeitgleich wollen Flüchtlingsinitiativen am selben Ort ihr alljährliches Antirassismuscamp abhalten, sodass mit insgesamt 2.500 linken Campern gerechnet wird. Das Problem: Ausgerechnet der Hamburger Senat mit grüner Beteiligung weigert sich bisher, den Aktivisten bei der Suche einer Campfläche aktiv zur Seite zu stehen. Noch immer verfügen die Zelter über keinen Platz.

"Wir haben einen Spießrutenlauf durch die Ämter hinter uns", sagt Ines Koburger von der Campvorbereitung. Alle Vorschläge seien jedoch von den Bezirksämtern abgelehnt worden. Da die zuständigen Behörden keine passenden Alternativflächen angeboten haben und sich auch der schwarz-grüne Senat bislang zurückhält, haben sich die Klimacamper für einen Park auf der Halbinsel Entenwerder in unmittelbarer Nähe zur Hamburger Innenstadt entschieden. "Wenn die Stadt nicht mit uns kooperiert, werden wir eine Fläche besetzen", kündigte Koburger an. Damit sei zwar allen Seiten nicht geholfen. Das Klimacamp werde aber auf jeden Fall stattfinden.

Hamburgs grüne Stadtbau- und Umweltsenatorin Anja Hajduk übt sich in vornehmer Zurückhaltung. Als "reine Bezirkssache" bezeichnete ihr Sprecher Volker Dumann den Konflikt. Falls es tatsächlich zu keiner Einigung komme, müsse der Senat einspringen, sagte der Sprecher. "Aber erst mal sind wir da raus."

Die besagte Fläche auf Entenwerder gehört zum Bezirk Mitte, der von einer rot-grünen Mehrheit regiert wird. Politisch sei das Klimacamp völlig in Ordnung, sagt Michael Osterburg, Fraktionschef der Grünen in Mitte. Der Park Entenwerder würde allein aus "formalrechtlichen Gründen" nicht infrage kommen, weil Kampieren in Hamburger Parks verboten sei. Auch sei Entenwerder eine grüne Lunge für die sozial Schwachen. "Die kann man den Bewohnern nicht eine Woche und länger wegnehmen", sagte Osterburg. "Es ist schade, dass es in Hamburg keine geeigneten Flächen für solche Camps gibt."

Vor allem weil die Teilnehmer des Klimacamps auch gegen das geplante Kohlekraftwerk in Moorburg protestieren wollen. An diesem Neubau werde sich zeigen, wie standhaft die Grünen beim Thema Klimaschutz sind, sagte Chris Methmann vom Attac-Koordinierungskreis. Es gebe "Zeichen, dass die grüne Front wankt". Die Aktivisten planen unter anderem den Bauplatz des Kraftwerks zu besetzen. Die Zeit des Camps könnte für die Hamburger Grünen somit eine unangenehme Zwickmühle werden: auf der einen Seite die Law-and-Order-Fraktion beim Koalitionspartner CDU und auf der anderen die potenzielle eigene Wählerklientel, die mit Besetzungen droht.

Die Initiatoren des Antirassistischen Camps wollen bei einzelnen Aktionen mit den Klimaschützern zusammenarbeiten. "Hamburg wird als Symbol inhumaner Abschiebepolitik und unverantwortlichen Ausbaus der Kohleverstromung unweigerlich ein Ort des Protests gegen diese Politik sein", sagte Tadzio Müller von der Klimacampvorbereitung. Daran könne auch keine städtische Grünflächenordnung etwas ändern.

Dass die Platzvergabe keineswegs nur an ordnungsrechtlichen Bestimmungen hängt, sondern politisch entschieden werden kann, zeigt sich an der Reaktion des Grünen-Fraktionschefs im Bundestag, Jürgen Trittin. In einem Brief kritisiert der ehemalige Umweltminister den Beschluss der Wilhelmshavener Stadtverwaltung, die sich ebenfalls weigert, ein "Klimacamp" der Grünen Jugend zuzulassen. Es sollte "im Sinne jedes Verantwortlichen sein, Diskussionsprozesse - gerade zum Klimaschutz - zu unterstützen und nicht zu blockieren", schrieb Trittin. Ansonsten brauche man sich über die Politikverdrossenheit mancher Jugendlicher nicht zu wundern.

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