Kommentar Siemens-Urteil: Manager haften für ihre Fehler

Nicht jedes Wirtschaftsdelikt wird wegen Geringfügigkeit eingestellt. Das ist ein gutes Zeichen.

Das war knapp. Wäre die Strafe nur um einen Tag höher ausgefallen - der frühere Siemens-Manager Reinhard S. wäre ohne Bewährung in den Knast gewandert. Genau zu zwei Jahren wurde der Quasi-Kronzeuge im ersten Münchner Schmiergeldprozess am Montag verurteilt - das ist die Höchstgrenze für Bewährungsstrafen.

Was nach richterlicher Milde klingt, sendet dennoch ein klares Signal: Ab sofort müssen bei Schmiergeldaffären auch Manager - das einstige Rückgrat der "Deutschland AG" - mit harten Urteilen rechnen. Im Zweifelsfall auch mit Gefängnisstrafen.

Reinhard S., dieser brave Buchhalter aus Erding bei München, kam nur deswegen so glimpflich davon, weil er umfangreich ausgepackt hat und geständig war. 38 Aktenordner schleppte er in den letzten eineinhalb Jahren als Material zu den Ermittlern, nachdem der mächtige Siemens-Konzern ihre so wichtige Hilfskraft feige hatte fallen lassen. Andere Siemensianer - darunter ehemalige Vorstandsmitglieder - haben im Prozess trotz Zeugenladung nicht ausgesagt, wie das Gericht am Montag kritisch anmerkte. Sie konnten verweigern, weil teilweise auch gegen sie ermittelt wird. Ob das im Einzelfall klug war, wird sich zeigen: Allzu deutlich wurde in diesem ersten Prozess, dass die Manager bis ganz oben Bescheid wissen mussten. Dass sie die Untreue, wegen derer Reinhard S. verurteilt worden ist, und nachfolgend die milliardenschweren Bestechungen auf der ganzen Welt gebilligt und gefordert haben - auch wenn es auf den Papieren oft anders aussieht.

Etwa 300 Siemensianer stehen derzeit noch auf der Liste der Ermittler. Sie müssen sich Sorgen machen, wenn sie nicht ausgepackt haben - genau wie auch unsauber agierende Manager in anderen Unternehmen. Der Mannesmann-Prozess endete für Deutsche-Bank-Chef Josef "Victory" Ackermann mit einem Freispruch, der Berliner Bankenskandal mit milden Urteilen. Dagegen setzen die Siemens-Ermittlungen und dieses erste Urteil nun das richtige Zeichen: Nicht jedes Wirtschaftsdelikt kann mit einem Deal nach § 153a Strafprozessordnung rechnen - also damit, wegen Geringfügigkeit unspektakulär eingestellt zu werden. MAX HÄGLER

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