Forschen in der Freizeit

„Lehrkräfte für besondere Aufgaben“ statt Professoren. Hochschulverband: Billiglösung auf Kosten Studierender

Die Universität Hamburg will vermehrt „Lehrkräfte für besondere Aufgaben“ einstellen, um dem erhöhten Lehrbedarf durch die Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem zu begegnen. Das teilte Uni-Vizepräsident Holger Fischer in einem Hintergrundgespräch anlässlich der 25. Universitätstage mit. Mit den Lehrkräften, die „in der Regel promoviert haben sollen“, will die Uni den Abbau von Professorenstellen ausgleichen.

Wie viele solcher Lehrkräfte eingestellt werden, stehe noch nicht fest, erklärte Fischer. Er rechne aber damit, dass sie künftig zehn bis 20 Prozent des Lehrpersonals ausmachen werden. Für die Forschung werden die Dozenten mit Fünfjahresverträgen nicht bezahlt: Laut Lehrverpflichtungsordnung der Hamburger Hochschulen sollen sie bei ausschließlicher Lehrtätigkeit 24 Stunden pro Woche unterrichten. „Diese Lehrkräfte werden nicht selbst auf Spitzenniveau forschen“, sagt Fischer. Er erwarte nur, dass sie den aktuellen Stand kennen. Wer selbst forschen wolle, müsse das in der Freizeit tun: „Das ist eine Frage der Priorität“, so Fischer, „ob man nur acht Stunden täglich arbeiten will.“

Für den Deutschen Hochschulverband, die Berufsvertretung der Universitätslehrer, ist der Einsatz der Lehrkräfte für besondere Aufgaben „klar der falsche Weg“. Die Trennung von Forschung und Lehre sei „eine Billiglösung auf Kosten der Studierenden“, so Verbandssprecher Kristijan Domiter. Die Lehre könne immer nur so gut sein wie der Stand der Forschung. Die Studierenden hätten Anspruch darauf, auf dem Laufenden gehalten zu werden: „Vorlesungen halten muss der Chemiker, der eben noch im Labor war“, sagt Domiter. „Was wir in Hamburg brauchen, ist eine deutliche Erhöhung der Stellen für Professoren, die forschen und lehren.“

Auch für die jungen Wissenschaftler sei die Umwandlung von festen in befristete Stellen ein falsches Signal. Für die Lehrkräfte habe man nach Auslaufen der Fünfjahresverträge an den Universitäten keine Verwendung mehr, so der Verbandssprecher, wenn es keine Stellen mehr gebe, auf die sie sich bewerben könnten. Er erwartet eine noch stärkere Abwanderung deutscher Nachwuchsforscher ins Ausland. Wenn sie erst einmal weg seien, kämen die Wissenschaftler nur selten wieder nach Deutschland zurück. Das könne bei den inländischen Universitäten auf Dauer großen Schaden anrichten.

Uni-Vize Fischer sieht die Befristung der Stellen gelassener: Zwar gebe es nach den fünf Jahren nur für wenige der Lehrkräfte Chancen für eine akademische Laufbahn. Die Übrigen könnten jedoch je nach Fachrichtung in der Wirtschaft unterkommen und hätten dadurch „die Möglichkeit, sich zu verändern“. Fluktuation sei wichtig, um die Stellen nicht für die nächste Generation zu „verstopfen“. Die Stelle einer Lehrkraft für besondere Aufgaben lebenslang zu behalten, hält er für „möglicherweise ohnehin nicht so erstrebenswert“.

Kristina Allgöwer