Flugzeugcrash von Madrid: Unglücksflieger Spanair in der Krise

Die Airline des abgestürzten Fliegers hat schon bessere Zeiten gesehen: Sie schreibt rote Zahlen, die Maschinen sind zu alt. Eigentümer SAS wollte sie abstoßen, fand aber keinen Käufer.

Egal ob Stewardessen, moderne Maschinen oder Mechaniker: Spainair fehlt es an allem. Bild: dpa

MADRID taz Das Flugzeugunglück mit 153 Todesopfern und 19 Verletzten in Madrid trifft Spanair mitten in der Krise. Die Airline hat in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 55 Millionen Verlust gemacht, die Flotte ist veraltet, die Unternehmensstruktur mit fünf Stützpunkten in Spanien zu ausgedehnt, wie die spanische Presse am Donnerstag berichtete.

Die Pilotenvereinigung Sepla mahnt seit Jahren eine Modernisierung an. "Spanair operiert über ihren Fähigkeiten. Es fehlt an allem: Stewardessen und auch Mechanikern", kritisiert Sprecher Javier Navas. Die Piloten würden gebeten, mehr als die erlaubten zwölf Stunden zu fliegen. Der Sprecher betont jedoch auch, damit sei das Unglück von Madrid nicht zu erklären. Es sei nicht an Sicherheit gespart worden. Dennoch wird in Madrid heftig über die Ursachen spekuliert. Dem stellvertretenden Spanair-Geschäftsführer Javier Mendoza zufolge meldete der Pilot vor dem Unglücksflug ein Überhitzungs-Problem an einem Luftschacht unterhalb des Cockpit-Fensters. Der Pilot sei zurück zum Gate gefahren. "Das Heizproblem wurde behoben und durch Techniker von Spanair korrigiert", sagt Mendoza. Es sei zulässig gewesen, dass das Flugzeug anschließend gestartet sei.

Spanair wurde 1986 von den spanischen Unternehmern Gonzalo Pascual und Gerardo Díaz als Charterairline gegründet. Seit 1994 macht sie der damaligen Monopolistin Iberia als Linienflieger vor allem innerhalb Spaniens Konkurrenz. 2003 sah die skandinavische SAS-Gruppe in Spanair den geeigneten Partner für das Spanien- und Lateinamerika-Geschäft und übernahm 95 Prozent des Kapitals. Damit wurde die Fluglinie Mitglied des Verbunds Star Alliance, dem auch die Lufthansa angehört. Spanair-Flüge sind seither auch über die Lufthansa zu buchen.

Dass Spanair besonders unter den hohen Kerosinpreisen leiden wird, war auch ihren Piloten klar, die seit Jahren einen neuen Geschäftsplan forderten. Denn die mehr als 30 Maschinen des Herstellers McDonnell Douglas von Spanair gelten trotz des Unglücks als zuverlässig, aber auch als Spritschlucker.

Spanair benötigt also dringend neue Flugzeuge und muss seine interne Organisation straffen. Doch allein kann das Unternehmen das nicht finanzieren. Die SAS Gruppe wollte kein Kapital mehr zuschießen. Ein Jahr lang bot sie die Spanair zum Verkauf an, doch Verhandlungen mit Iberia und einigen anderen spanischen Interessenten kamen nicht zum Abschluss.

Nun hat das Unternehmen einen eigenen Geschäftsplan vorgelegt. Der sieht neue Flugzeuge und den Abzug aus drei Stützpunkten in Spanien vor. Zudem sollen fast 1.200 der 3.000 Beschäftigten entlassen werden. Nur wenige Stunden vor dem Unglück von Madrid wollte die Belegschaft darüber diskutieren. Dann stürzte der Flug mit der Nummer JK 5022 wenige Sekunden nach dem Start in Madrid in ein trockenes Flussbett.

Unterdessen wurde bekannt, dass unter den Opfern des Unglücks vermutlich vier Deutsche sind. Darauf deuteten Hinweise der spanischen Behörden hin, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Eine Sprecherin der Gemeinde Pullach im Landkreis München erklärte, eine Familie aus der Kleinstadt sei auf den Flug auf die Kanarischen Inseln gebucht gewesen. HANS-GÜNTER KELLNER

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