Gescheiterte Privatisierung: Bund schnappt sich Bundesdruckerei

Acht Jahre nach der Privatisierung kauft die Bundesregierung das Berliner Unternehmen zurück - mit 1.900 Beschäftigten weniger. Damit soll die "nationale Sicherheit" gewahrt werden.

Die Bundesregierung will ihre Euro wieder im eigenen Betrieb drucken. Bild: ap

BERLIN taz Die Schilder können dranbleiben: Im Juni hatte das Oberlandesgericht München der Bundesdruckerei aufgetragen, ihren Namen zum Jahresende zu ändern. Begründung: Die Bezeichnung sei irreführend, weil das Unternehmen nicht mehr in Staatsbesitz sei. Gerade noch rechtzeitig hat die Bundesregierung es sich anders überlegt. Am Dienstagabend gab die Bundesdruckerei bekannt, dass der Bund sie wieder komplett übernehme. Darauf hätten sich die Gesellschafter, das Innen- und das Finanzministerium "grundsätzlich geeinigt", hieß es. Es gehe um "die Wahrung der nationalen sicherheitspolitischen Interessen".

Die Gewerkschaft Ver.di freute sich über die Entscheidung. Wären andere Bewerber zum Zuge gekommen, hätte man fürchten müssen, dass Know-how abgezogen würde und Arbeitsplätze abgebaut würden. Was der Bund zahlt, war am Mittwoch ebenso unklar wie die künftige Konstruktion des Unternehmens. Bestätigt wurde, dass zunächst 50 Millionen Euro in die Produktion investiert werden sollen.

Der geplante Wiedereinstieg passt in die aktuelle Politik der Bundesregierung, die Kontrolle über wichtige Bereiche der "nationalen Sicherheit" zu behalten - erst zuletzt hatte das Kabinett das Außenwirtschaftsgesetz verabschiedet, mit dem der Staat Unternehmensbeteiligungen durch ausländische Staatsfonds verhindern kann. Zugleich ist sie das Eingeständnis, dass eine Privatisierung nicht der richtige Weg ist, wenn es um sensible Daten oder auch um Spitzentechnologien geht. So zumindest formuliert es Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der die Rücknahme der Druckerei vorangetrieben haben soll.

Einen Sicherheitsskandal gab es bei der Bundesdruckerei zwar bislang nicht. Aber auch so gilt ihr Verkauf als Musterbeispiel einer gescheiterten Privatisierung. 2000 hatte der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) die Druckerei für mehr als eine Milliarde Euro an den Finanzinvestor Apax verkauft.

Der Kaufpreis galt als drastisch überhöht, auch wenn die bundeseigene GmbH zuvor noch mit staatlichen Investitionen von mehr als 350 Millionen Euro aufgehübscht worden war. Apax brachte denn auch nur rund 300 Millionen Euro eigenes Kapital ein, 450 Millionen nahm die Firma als Kredit bei der Hessischen Landesbank auf, 250 Millionen stundete der Bund der Käuferin - bis heute. Apax überführte den Neukauf in die Authentos GmbH, der sie die Schulden aufbürdete. Auch die horrenden Beraterhonorare und Provisionen holte sich Apax aus der Kasse der Bundesdruckerei zurück. Prompt geriet die ins Trudeln, als die Geschäfte nach dem Ende der New Economy nicht gut liefen. Statt Geld nachzuschießen, verkaufte Apax Authentos 2002 für einen Euro an einen Treuhänder. Unternehmensteile wurden verkauft, aus ehemals 3.200 Arbeitsplätzen wurden bis heute 1.300.

2007 startete der Bund Überlegungen, eine Sperrminorität von 25,1 Prozent zu übernehmen und den Rest zu verkaufen. Dieses Vorhaben scheiterte, als es aussah, als ob ein ausländischer Investor den Zuschlag bekomme. Den hätte der Bund zwar unter dem Verweis auf die nationale Sicherheit verbieten können - bei einem US-amerikanischen oder französischen Unternehmen hätte das aber womöglich politischen Ärger provoziert.

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