Energiesparen gegen den Klimawandel: Kampf für Wärmedämmung in Kirgisien

Nursat Abdyrasulowa gründete vor sechs Jahren in Kirgisien den Umweltverband Unison. Der setzt sich unter anderem für Wärmedämmungen ein.

Unsere Erde wird selbst in Kirgizien (oben mittig) geschützt. Bild: dpa

BERLIN taz Es gibt kaum ein anderes Land auf der Welt, das so weit entfernt ist vom Meer wie Kirgisien. Weil die Wassermassen der Ozeane Temperaturschwankungen hier am wenigsten ausgleichen, ist der Klimawandel bereits stark zu spüren: Die durchschnittliche Jahrestemperatur stieg in den letzten vierzig Jahren bereits um etwa zwei Grad Celsius - weltweit waren es laut Weltklimarat 0,5 Grad. "Wenn das so weitergeht", warnen kirgisische Wissenschaftler, "wird sie 2070 fünf Grad höher sein."

Die Folgen sind schon heute dramatisch: Die Gletscher im zentralasiatischen Tientschan-Gebirge schmelzen rasant. Zudem gibt es weniger Regen, sodass viele Flüsse austrocknen. Das Wasser fehlt den Bauern, die ihre Felder kaum noch bewässern können. Die Preise für Weizen und für Brot steigen. Äcker versalzen. Auf den Weiden wächst weniger Futter als früher.

Auch die Energieversorgung Kirgisiens ist bedroht, weil etwa 90 Prozent aller Elektrizität aus Wasserkraft stammen und die Stauseen immer leerer werden.

"Für die meisten Kirgisen gibt es drängendere Alltagsprobleme als den Klimawandel", sagt Nursat Abdyrasulowa, "wie man das Essen bezahlt beispielsweise, oder wie das Haus in den harten Wintern geheizt werden soll." Etwa 40 Prozent der gut fünf Millionen Einwohner leben unter der Armutsgrenze, die Arbeitslosenquote ist hoch.

Angesichts solcher Probleme scheint es fast winzig, was die junge Frau tut: Vor sechs Jahren gründete Nursat Abdyrasulowa den unabhängigen Umweltverband Unison - in einem postsowjetischen Land, das keine Tradition von Nichtregierungsorganisationen besitzt. Unison versucht, die Nutzung von erneuerbaren Energien zu fördern und für Energiesparen zu werben. Der Verband hat Pilotprojekte für sanften Tourismus gestartet, hunderte Freiwillige folgten Aufrufen, bei denen Parks oder Flüsse von Müll befreit werden.

In der kirgisischen Hauptstadt Bischkek und in der Slowakei hat Nursat Abdyrasulowa Umweltbildung und Energiepolitik studiert. Als ihre Vision nennt sie - etwas sperrig - "ein umweltfreundliches Kirgisien, das die Vorteile eines nachhaltig entwickelten modernisierten Landes in einer globalisierten Wirtschaft ausbalanciert und davon profitiert".

Weniger als eine Tonne beträgt der Pro-Kopf-Ausstoß an Kohlendioxid in Kirgisien - ein Zehntel des deutschen CO2-Ausstoßes. Trotzdem ist eine der Hauptaktivitäten von Unison das Energiesparen: Fast alle Gebäude in Kirgisien stammen noch aus Sowjetzeiten, die Wärmedämmung ist miserabel. Nach Angaben von Unison ist der Heizenergiebedarf drei- bis fünfmal so hoch wie im EU-Durchschnitt, was aber nicht nur an der schlechten Dämmung, sondern auch an den sehr kalten Wintern liegt.

Mit slowakischer Hilfe initiierte die Organisation ein Modellprojekt in einem Kindergarten - durch einfache Renovierungsmaßnahmen wie neue Fenster, Thermostate an den Heizkörpern oder die Isolierung der Rohre sank der Energieverbrauch um zwei Drittel. Dem Pilotprojekt sollen weitere folgen. Der Energiekrise in Kirgisien kann sie sogar noch etwas Positives abgewinnen: "Die Einsicht, dass alternative Energien notwendig sind, setzt sich dadurch schneller durch."

Jetzt kommt Nursat Abdyrasulowa aber erst einmal nach Deutschland, um auf der Demonstration der Klima-Allianz am Samstag im brandenburgischen Jänschwalde gegen neue Kohlekraftwerke zu sprechen. "Die Menschen und Regierun- gen in den Industriestaaten sollten sich verantwortungsvoller verhalten", mahnt Abdyrasulowa. "Ihr und eure Regierung dürft es nicht zulassen, dass weitere Quellen für Kohlendioxid gebaut werden."

SARAH MESSINA

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