Lokalderby Schalke-Dortmund: Schön bekloppt

Beim 3:3 gegen Schalke produziert mal nicht der Trainer Dortmunder Totaleuphorie, das tun arrogante Gegner und ein unsicherer Referee.

Der Schalker Kevin Kuranyi und der Dortmunder Torhüter Roman Weidenfeller recken sich nach dem Ball. Bild: rtr

DORTMUND taz Derbysiege sind doch am schönsten, auch dann, wenn sie nur gefühlt sind: Die Spieler von Borussia Dortmund feierten das 3:3 gegen Schalke 04 überschwänglich; sie sangen, hüpften, tanzten, während Trainer Jürgen Klopp triumphierend die Faust in die Höhe reckte und sein Glück lautstark herausschrie. Die Dortmunder konnten es einfach nicht fassen, wie reichlich sie beschenkt worden waren.

Aus einem 0:3 hatten sie innerhalb der letzten 20 Minuten ein 3:3 gemacht, währenddessen wurden zwei Schalker Spieler vom Platz gestellt. So wenig Königsblau war nie. Dortmunds Party war gerettet - auch wenn das Ziel verfehlt wurde, mit einem Sieg Schalke als Tabellenführer abzulösen. So war es zumindest eine legendäre Aufholjagd: "Es war ein fantastisches Derby. Davon werden sie in Dortmund noch lange reden", sagte der zweifache Torschütze Alexander Frei euphorisiert.

Dass die Dortmunder von der Großzügigkeit der Schalker und des Unparteiischen profitierten, spielte in der Nachbetrachtung keine Rolle. Kapitän Sebastian Kehl behauptete gar, der BVB habe Schalke anfangs "klar beherrscht". Auch für Kehl sollten mildernde Umstände gelten. Vermutlich hatten sich die Borussen zu sehr am besten Saisonstart seit Jahren berauscht. Sieben Punkte aus drei Spielen, mit Jürgen Klopp ein Trainer, der den Aufbruch wort- und gestenreich untermauert - endlich konnten sie dem Rivalen wieder auf Augenhöhe begegnen.

Anfangs schien es jedoch so, als hätten sich die Dortmunder dafür doch die falschen Gäste eingeladen. Die Schalker spielten sachlich ihr Spiel und schossen bis zur 54. Minute eine 3:0-Führung heraus. Schiedsrichter Wagner hatte es zudem versäumt, Schalkes Rafinha nach einer Tätlichkeit frühzeitig vom Platz zu nehmen. Es lief alles gegen Klopp und Co. Vor allem Klopps erklärte Lieblingsspieler sorgten dafür, dass die Dortmunder zumindest eine Stunde lang wie eine Schülermannschaft aussahen. Der 19-jährige Innenverteidiger Neven Subotic war gleich an zwei Gegentreffern beteiligt. Doch während er mit seinem Tor zum 1:3 (67.) wenigstens die Basis für die Aufholjagd legte, scheiterte der andere Klopp-Zögling Mohamed Zidan bereits an den fußballerischen Basics. Der Tausch Zidan gegen den letztjährigen Topscorer Mladen Petric, der nun für den HSV spielt und trifft, könnte noch zur Belastung für Klopp werden. Am Samstag ging der Spielverlauf noch über dieses Personalie hinweg.

Was an allen möglichen Dingen lag, nur nicht an den Borussen selbst. Schalkes Trainer Fred Rütten verzichtete darauf, ins Detail zu gehen: "Wir sind halt alle Menschen, und Menschen machen Fehler", sagte er. Verschwieg aber nicht, nach der 3:0-Führung auch Arroganz bei seinem Team bemerkt zu haben.

Die Mängelliste wird auf Schalke immer länger: Nationalspieler Kevin Kuranyi schaffte es wieder einmal nicht, aus kürzester Distanz zu treffen, Linksverteidiger Christian Pander erlebte zwischen der 68. und 73. Minute die wohl schwärzesten Minuten seiner Laufbahn. Zwei unnötige Fouls im Mittelfeld brachten ihm erst gelb, dann gelb-rot ein, zwischendurch spielte er den Fehlpass, der zum 2:3 führte. Fabian Ernst wurde nach einem Foul an Jakub Blaszczykowski vom Platz gestellt. Immerhin durfte der verwarnte Rafinha trotz wiederholten Foulspiels bleiben - das einzige Mal, dass Schiedsrichter Lutz Michael Wagner im Sinne der Schalker falsch entschied. Hingegen übersah er beim 2:3 eine klare Abseitsstellung von Frei, vor dem Elfmeter zum 3:3 sah Wagner als einziger der 80.000 im Stadion ein Handspiel von Mladen Krstajic.

Klopp wollte sich die gute Laune dennoch nicht vermiesen lassen: "Wenn Rafinha vom Platz gestellt wird, dann schießen wir auch noch andere Tore", sagte er genervt. Dass seine Spieler in der Schlussphase gegen neun Schalker nicht eine klare Torchance herausspielten, verschwieg er. Wenn die Euphorie verflogen ist, sollten die Dortmunder schnell daran denken, dass nur zweimal im Jahr Derby ist.

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