Regierungsbildung klappt nicht: Israel stehen Neuwahlen bevor

Israels Aussenministerin Livni ist mit dem Versuch, eine Regierung zu bilden, an den ultraorthodoxen Religiösen gescheitert. Nun wird es zu Neuwahlen kommen - die Likud-Partei ist Favoritin.

Es hat nicht sollen sein: Livni wird nun doch nicht die erste Regierungschefin in Israel seit Golda Meir. Bild: dpa

JERUSALEM taz Der Traum von Israels Außenministerin Zipi Livni, von ihrem Parteifreund Ehud Olmert das Amt des Regierungschefs zu übernehmen, ist vorerst geplatzt. Die ambitionierte Politikerin scheiterte an der orthodoxen Partei Schass, die ihre Forderungen für einen Koalitionsbeitritt zu hoch schraubte. Am Sonntagnachmittag teilte Livni Staatspräsident Schimon Peres mit, dass sie mit der Regierungsbildung gescheitert ist. Damit sind vorgezogene Neuwahlen - vermutlich Mitte Februar 2009 - kaum noch zu vermeiden. Livnis gefährlichster Konkurrent heißt dann Benjamin Netanjahu, Chef des konservativen Likud.

"Nichts ist wichtiger, als mit sich selbst im Reinen zu sein, und das bin ich", erklärte die 50-jährige Politikerin am Sonntag gegenüber Journalisten. Tags zuvor hatte der religiöse Schass-Mentor Ovadia Jossef seine Politiker unerwartet angewiesen, keine Koalition mit Livnis Kadima-Partei einzugehen. Dabei war sie der orientalisch-orthodoxen Partei bei der Aufstockung des staatlichen Kindergeldes - eine der Schass-Forderungen - viel weiter als ursprünglich geplant entgegengekommen. "Ich bin nicht bereit, mich erpressen zu lassen", sagte Livni zu den gescheiterten Verhandlungen, deshalb werde sie Wahlen einleiten. Der nächste Urnengang hätte erst 2010 stattfinden sollen.

Mit einer stabilen Regierung hatte Livni die Wintersaison der Knesset einleiten wollen. Stattdessen wird nun der noch amtierende Olmert die Parlamentarier nach der Sommerpause begrüßen. Olmert war im September zurückgetreten, da er wegen mehrerer Korruptionsaffären Gerichtsverfahren zu erwarten hat. Nach Livnis Scheitern wird er nun mindestens fünf weitere Monate im Amt bleiben. Vor April 2009 ist kaum mit einer neuen Regierung zu rechnen.

Obschon die Befugnisse einer Übergangsregierung rein rechtlich nicht eingeschränkt sind, ist schon aufgrund der bevorstehenden Anklage Olmerts bis zu den Wahlen nicht mit weitreichenden politischen Entwicklungen zu rechnen - vor allem nicht in Bezug auf die Verhandlungen mit den Palästinensern. Der scheidende Regierungschef hatte in Interviews zum jüdischen Jahreswechsel einen deutlich moderateren Ton angeschlagen als vor seinem Rücktritt. Seine eingeschränkte politische Macht lässt ihm nun jedoch kaum noch genügend Handlungsspielraum, um etwa einen Gefangenenaustausch mit der Hamas und die Befreiung des seit zweieinhalb Jahren entführten Soldaten Gilad Schalit voranzutreiben.

Für die drei Parteichefs Livni, Netanjahu und Ehud Barak von der Arbeitspartei hat inzwischen der Wahlkampf begonnen. Während die beiden Beinahe-Koalitionspartner Livni und Barak ab sofort in harter Konkurrenz zueinander stehen und potenzielle Wähler im jeweils anderen Lager suchen, versucht Netanjahu, der Livni-Partei Kadima die rechten Likud-Abtrünnigen abspenstig zu machen, diejenigen also, die vor drei Jahren im Gefolge von Expremierminister Ariel Scharon die Partei verließen, um den Frieden mit den Palästinensern durch einen einseitigen Abzug Israels zu erreichen. Einer der Vorschläge für Wahlslogans, über die die Likud-Parteimitglieder abstimmen sollen, lautet dementsprechend: "Aus der Vergangenheit lernen, in die Zukunft blicken."

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