Shoppen für eine bessere Welt: Virtueller Wohltätigkeits-Supermarkt

Auf dem Internetportal "Eine gute Sache" kann beim Einkaufen gespendet werden. So entsteht eine Werbeplattform für Unternehmen, die ihr Image aufpolieren wollen.

Einkaufen für einen guten Zweck: So lohnt sich der Konsum. Bild: dpa

BERLIN taz Einkaufsbummel mit dem verantwortungsbewussten Verbraucher des 21. Jahrhunderts: In der Cyberrealität des Internet lädt er seinen digitalen Einkaufswagen voll und finanziert damit gleich die Arbeit internationaler Hilfsorganisationen. Preisbewusstes Online-Shoppen mit Herz verspricht gewissermaßen die Internetseite www.einegutesache.de, die diesen Monat ans Netz gegangen ist.

Über 950 Partnerunternehmen - vom Kleinanzeigenvertrieb bis zu namhaften PC-Herstellern und vom Bundeswehrshop bis zum Traditionsversandhaus - sind dort vertreten. In deren Online-Shops kann der Nutzer über den sogenannten "Aidmaker", ein spezielles Einkaufsprogramm, das auf der Homepage zum Download angeboten wird, nach der Installation direkt einkaufen.

Vom Bezahlpreis geht dann jeweils ein vorher ausgewiesener Prozentsatz oder ein Fixbetrag an eine von 30 Hilfsorganisation; ob Deutsche AIDS-Stiftung, Dunkelziffer e.V. oder die SOS Kinderdörfer - den genauen Adressaten bestimmt der Einkäufer selbst.

Fragt man Mads Ellegaard, einen der beiden Betreiber des Internetportals, so sind dessen Kunden die "modernen Aktivisten" der Gegenwart - also exponierte Hedonisten mit Sinn für die Humangemeinschaft, die "shoppen für eine bessere Welt", wie es vollmundig auf der knallroten Internetseite heißt.

Mit seinem Kollegen Jonathan Løw entwickelte Ellegaard bereits 2004 die dänische Version des Portals. Zeitgleich mit dem deutschen Ableger gingen nun Webpräsenzen auch in Großbritannien, Italien, Schweden, Frankreich, den Niederlanden und den USA an den Start.

Zusammen haben sie bisher schon über 450.000 Euro an Spendengeldern eingefahren, ist auf der Internetseite zu lesen. Eine Zweigstelle in der Bundesrepublik hat "Eine gute Sache" nicht; das Unternehmen firmiert nur unter einer Postkastenadresse. 23 Mitarbeiter erledigen das Tagesgeschäft am Firmensitz in Dänemark.

Die Registrierung auf der Internetseite ist "zu 100 Prozent anonym", betont Mads Ellegaard. Persönliche Angaben müssten nicht gemacht werden. Ein Blick in die umfangreichen Datenschutzbestimmungen offenbart aber: Wer etwa ein reines Online-Produkt über eines der Partnerunternehmen erwirbt, zum Beispiel einen virtuellen Anzeigenplatz, kann durchaus zur Angabe privater Daten aufgefordert werden.

Das Geld für die Einkäufe zahlt der Nutzer direkt an den Online-Shop. Der reicht dann den vereinbarten Spendenteil über sogenannte "Affiliates" an "Eine gute Sache" weiter - externe Vermittlungsagenturen, die die Werbeaktionen von Unternehmen koordinieren und andere Firmen suchen, die für sie Werbeplätze zur Verfügung stellen. Pro verkauftes Produkt über deren Homepage bezahlen die Unternehmen Provisionen an ihren "Affiliate", der wiederum einen Teil davon an "Eine gute Sache" weiterreicht.

Das Geld stamme in aller Regel aus den Werbebudgets der Unternehmen, erklärt Mads Ellegaard. "Eine gute Sache" selbst würde nur 25 Prozent der Provision zur Eigenfinanzierung verwenden. Der Rest fließe als reine Spende an die Hilfsorganisationen. und sei auch auf der Homepage angegeben.

Keineswegs verzichten die Unternehmen aus reiner Großzügigkeit einfach auf einen Teil ihres Gewinnes. Die Kooperation mit "Eine gute Sache" helfe ihnen, ihr Image bei den Kunden aufzupolieren, meint Ellegaard. "Neukundengewinnung" macht hingegen Thomas Voigt als vorrangiges Ziel der Zusammenarbeit aus. Er ist Direktor für Wirtschaftspolitik beim Otto-Versand, der über "Eine gute Sache" indirekt 2,25 Prozent des Verkauspreises seiner Katalogartikel als Spende abführt. Und: "Es lohnt sich".

Diese Einschätzung teilt auch Christina Lösch, Mitarbeiterin in der Marketingabteilung des Kleinanzeigenvertriebs Quoka. 40 Prozent des Erlöses jeder dort verkauften Anzeige gehen an die Hilfsorganisationen - der höchste "Spenden"-Satz aller beteiligten Unternehmen.

Einmal pro Jahr verteilen die Betreiber der Internetseite die gesammelten Gelder an die Hilfsorganisationen. Für den Dezember rechnet man mit der ersten Überweisung, sagt Vanessa Dobkowitz von der Welthungerhilfe, einem der Empfänger.

Man scheint dort zufrieden mit dieser Art der Spendengewinnung: "Eine gute Sache" habe der Welthungerhilfe volle Einsicht in die Transaktionen und Firmenbücher zugesichert, erklärt die Marketing-Mitarbeiterin. Im Falle eines Missbrauchs der Spendengelder könne man sofort die Zusammenarbeit beenden.

Zurückhaltender bewertet hingegen Caritas International seine Partnerschaft mit dem wohltätigen Einkaufsportal: Weil Caritas für diese Art Dienstleistung nichts zahle, habe es auch keinen Einfluss auf das Konzept und die Gestaltung der Internetseite, etwa bei der Auswahl der verfügbaren Online-Shops, sagt Christine Decker, Fundraiserin der Hilfsorganisation. Die aktuelle Partnerschaft werde man ausgiebig testen.

Bei den Verbraucherzentralen wollte man das "Einkaufen und Spenden"-Konzept nicht näher kommentieren - weil die "gute Sache" noch zu "neu" ist, wie der Sprecher des Verbandes in Nordrhein-Westfalen, Georg Tryba, erklärte. Grundsätzlich sei aber dagegen nichts einzuwenden. Dennoch mahnte Tryba zu "Vorsicht" bei der Nutzung. Verbraucher sollten sehr aufmerksam überprüfen, ob ihre Spenden auch tatsächlich in vollem Umfang die gewünschte Organisation erreichen. Und gut auf ihre Privatdaten Acht geben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.