BVG verbietet iPhone-Programm: BVG stößt Kunden mit iPhone vor den Kopf

Ein Student entwickelt ein kostenloses Programm fürs iPhone, mit dem BVG-Kunden sich schnell die nächsten Verbindungen anzeigen lassen können. Die BVG lässt das verbieten.

Orientierung leicht gemacht: nicht unbedingt die Stärke der BVG Bild: REUTERS

"Die erste iPhone App, die wirklich Sinn macht," schreibt ein Käufer, "hat mir mein Wochenende in Berlin gerettet", ein anderer. Und: "Wie ging das eigentlich früher?" Die Begeisterung gilt Jonas Witt. Der Berliner Student, 21, entwickelt in seiner Freizeit Programme für das iPhone. Seit Juli ist sein Programm "Fahr-Info Berlin" kostenlos erhältlich - über Apples eigenen Download-Shop "iTunes". 20.000 mal sei das Programm bisher heruntergeladen worden, einige tausend Berliner benutzten es sicherlich, sagt Witt. Doch während die Bewertungen der Käufer im Netz euphorisch klingen, ist die BVG gar nicht begeistert: Sie sah ihre Copyright-Rechte am Fahrplan verletzt und zwang Witt, den Streckenplan zu entfernen.

Witts Idee ist eigentlich bestechend einfach und harmlos: Mit seinem Programm kann man in Sekundenschnelle per Satellitennavigation (GPS) den eigenen Standort in Berlin bestimmen, dann aus den nächstgelegenen BVG-Haltestellen auswählen, sein Ziel bestimmen und erhält zuverlässig die nächsten acht Verbindungen in einer grafischen Übersicht. Auf Klick zeigt es Umsteigezeiten und Fußwege an. Und eben einen Streckennetzplan der BVG. Das, dachte Witt, sollte die BVG eigentlich freuen, könne es doch dafür sorgen, "dass möglichst viele Menschen viel, glücklich und gut informiert mit Bus und U-Bahn unterwegs sind."

Doch vor drei Wochen meldete sich die BVG bei ihm. In einem Schreiben fragte ein BVG-Mitarbeiter nach der Genehmigung zur Nutzung des Streckenplans. Und verwies auf das Impressum. Darin steht: "Lediglich die nichtkommerzielle private Nutzung ist in den Grenzen des Urheberrechtsgesetzes zulässig." Weil Witts Programm zwar nichtkommerziell war, aber nach der Veröffentlichung wohl kaum privat, bat Witt um eine Genehmigung. Die Antwort: "Da diese Anwendung nicht das Copyright berücksichtigt", habe der BVG-Vorstand beschlossen, das Copyright durchzusetzen. Nebenbei gehe es auch darum, Regressansprüche abzuwehren, wenn Fahrgäste durch eine falsche Auskunft Termine oder sogar Geschäftsabschlüsse verpassten - solche Ansprüche seien schon gestellt worden.

Witt musste den Streckenplan also entfernen. Der Zorn der Nutzer darüber ist groß: "Die spinnen ja völlig bei der BVG?", heißt es im Netz. Oder: "Da merkt man doch wieder, dass Deutschland von Spießern und Beamten regiert wird." Auch Archibald Horlitz, im Vorstand von Deutschlands größtem Apple-Händler Gravis, ärgert sich über den Funktionsschwund an seinem iPhone. Horlitz hält das Ganze für ein Missverständnis - zulasten der Kunden. "Es wäre ein Fehler, fürs iPhone nicht so eine Applikation anzubieten." Die Fahrplandaten seien im Internet zugänglich, sie jetzt am iPhone unzugänglich zu machen, sei "nicht besonders kundenfreundlich".

Dabei, betont BVG-Sprecherin Petra Reetz, wolle man doch nur das Beste für die Fahrgäste. Ein iPhone-Programm sei dabei "durchaus in unserem Interesse". Witt habe man die Streckenplan-Nutzung aber verbieten müssen. Weil: "Das ist unser Patent, und Apple ist eine der reichsten Firmen der Welt."

Auf den Hinweis, dass weder Witt noch Apple daran einen Cent verdienten, entgegnet Reetz, die BVG wolle bald selbst so ein Programm anbieten. Allerdings solle es eine Anwendung für alle Handynutzer werden, nicht nur für die, die sich das iPhone leisten könnten, "wir sind dabei, das systematisch zu entwickeln". JAN MICHAEL IHL

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.