Studie zum Pflegesystem: Altenpflege bleibt Frauensache

Noch immer kümmern sich hauptsächlich weibliche Verwandte um alte Menschen. Sie übernehmen damit eine immer größere gesellschaftliche Aufgabe - die schlecht bezahlt ist.

Bisher nur eine Ausnahme von der Regel: ein Mann in der Altenpflege Bild: dpa

BERLIN taz Die Altenpflege in Deutschland wird weiterhin hauptsächlich von Frauen geleistet. Das belegt eine neue Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die gestern in Berlin vorgestellt wurde. Demnach werden zwei Drittel der Altenpflege von Frauen erledigt. Das restliche Drittel übernehmen die Männer, jedoch bevorzugt im Pflegemanagement anstatt in der direkten Pflege. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) forderte deshalb finanzielle Anreize, um auch Männer mehr für die Pflege alter Menschen zu begeistern.

Ein weiteres Probleme sehen die Forscher darin, dass die private Pflege statistisch nicht richtig erfasst wird. "Die privat pflegenden Menschen werden so amtlich unsichtbar gemacht", sagte Projektleiterin Gertrud Backes von der niedersächsischen Universität Vechta. Dabei würden Angehörige durchschnittlich 5,2 Stunden pro Tag von ihren Ehepartnern oder Kindern gepflegt werden. Das entspräche rund drei Millionen Arbeitsplätzen und wäre 44 Milliarden Euro wert. "Diese Summe ist um ein Dreifaches höher als die Ausgaben für die Pflegeversicherung", erklärte Backes. Die Pflegeversicherung finanziere hingegen nur 0,5 bis 1,8 Stunden privater Altenpflege pro Tag.

Ulla Schmidt verwies auch auf die Folgekosten für das Gesundheitssystem, sollte die Altenpflege größtenteils durch Angehörigen geleistet werden: "Diese Menschen sind einfach überlastet und müssen oft Pflege und Arbeit vereinen." Eine Umfrage in der Schweiz habe gezeigt, dass 44 Prozent der privat Pflegenden psychisch und physisch schwerstkrank werden, so die Ministerin.

Ein weiteres Problem seien die gestiegenen Lebenserwartungen, sagte Gertrud Backes. Sie würden automatisch auch eine höhere Zahl an Pflegebedürftigen nach sich ziehen. "Die Anzahl derjenigen, die sich in einer privaten Pflegearbeit engagieren wollen, sinkt aber. Gerade Frauen sind heute stärker in Berufe eingebunden und können so weniger Pflegeaufgaben übernehmen." Viele Menschen hätten Angst vor dem Alter, denn sie würden nicht wissen, ob sie gepflegt werden können.

Einen Ausweg sehen die Forscher darin, die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in der Pflege gesellschaftlich und finanziell attraktiver zu machen. Nur so könne es gelingen, auch die dringend benötigten Männer sowohl für die private als auch für die professionelle Pflege zu gewinnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.