EU-Außenminister-Treffen: Brüssels Reformplan für Bosnien

Die Außenminister verabschieden ein Sechspunkteprogramm. Eine neue Verfassung ist keine Voraussetzung mehr für eine EU-Integration, der EU-Repräsentant verliert Kompetenzen.

Das Mandat der Eufor-Truppen wurde um ein halbes Jahr verlängert. Bild: ap

SARAJEVO taz Die Außenminister der Europäischen Union haben bei ihrem Treffen am Montag einen Sechspunkteplan für Reformen in Bosnien und Herzegowina beschlossen. Damit will Brüssel dem Land eine neue Perspektive für den Annäherungsprozess an die EU geben. Zuvor hatten die Verteidigungsminister der EU wegen anhaltender Spannungen das Mandat der Eufor-Truppen um ein weiteres halbes Jahr verlängert und den Plan aufgegeben, die ausländischen Truppenkontingente aus Bosnien und Herzegowina schon jetzt abzuziehen.

Nicht zuletzt eine Übereinkunft der Chefs der drei Nationalparteien vom Wochenende würdigten die EU-Außenminister. Die Vorsitzenden der Nationalparteien, der Bosiake Sulejman Tihic, der Serbe Milorad Dodik und der Kroate Dragan Covic, hatten ihre Bereitschaft geäußert, das Problem der Verfassungsreform anzugehen und das Funktionieren der gemeinsamen staatlichen Institutionen neu zu definieren. Die bisherige Verfassung, die auf dem Friedensabkommen von Dayton 1995 beruht und das Land in zwei ethnisch definierte Entitäten teilt, die Republika Srpska und die bosniakisch-kroatischen Föderation, bremst den EU-Integrationsprozess des Landes. Denn der Zentralstaat wurde im Abkommen von Dayton geschwächt. Um aber die nötigen Reformen für den EU-Beitritt durchzusetzen, müssen neue Regularien gefunden werden.

Bisher plädierte die bosniakische Führung in Sarajevo für die Stärkung des Gesamtstaates und die serbische Führung in Banja Luka für seine Schwächung. Der Premier der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, drohte vor wenigen Wochen sogar, per Referendum den serbischen Teilstaat aus Bosnien und Herzegowina zu lösen und allein die Integration in die EU anzustreben.

Diesem Ansinnen schiebt der Sechspunkteplan der EU zunächst einen Riegel vor. Die EU werde nur mit "einer gemeinsamen bosnischen Stimme verhandeln". Zwar verzichten die Europäer darauf, eine neue Verfassung zur Voraussetzung für den Annäherungsprozess im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziationsabkommens (SAA) zu machen. Jedoch könne eine Integration in die EU nur auf der Grundlage einer neuen Verfassung beschlossen werden.

In den sechs Punkten geht es auch um die Neuordnung der internationalen Präsenz in dem Land. Seit Ende 1995 hatte das Büro des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft die Aufgabe, die "Umsetzung des Abkommens von Dayton" zu überwachen. Mit den sogenannten Bonn Powers konnte der Hohe Repräsentant bosnische Politiker absetzen und sogar Gesetze kassieren, wenn sie gegen den Geist des Dayton-Abkommens verstießen. Der Hohe Repräsentant wurde bisher vom Friedensimplementierungsrat PIC bestimmt, der die Arbeit seiner Vertreter vor Ort auch überwacht. Im PIC wiederum sind alle an Bosnien interessierten Nationen sowie internationale Organisationen wie UNO, Nato, EU und Weltbank vertreten.

Die EU will nun erneut den Hohen Repräsentanten durch einen EUSR - EU-Special Representative - ablösen. Dieser soll nur noch begrenzte Einflussmöglichkeiten auf die Innenpolitik des Landes haben, wird aber den Reformprozess in Bosnien und Herzegowina überwachen. Damit würde die Präsenz der internationalen Institutionen auf die Vertretung der EU reduziert. Die bisher im OHR vertretenen Amerikaner und auch die Russen verlören an Einfluss. Noch ist über diesen Plan das letzte Wort nicht gesprochen, denn die UNO müsste den Übergang vom OHR zum EUSR bestätigen. Und es ist fraglich, ob die neue Administration in Washington und die Führung in Moskau die Politik der EU in allen Punkten unterstützen wird.

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