Isreal im Wahlkampf: Wanderbewegungen in der Linken

Zu Beginn des Wahlkampfes formiert sich die israelische Linke neu. Vor allem die Arbeitspartei hat Probleme. Davon profitiert Likud-Chef Netanjahu.

Für Benjamin Netanjahu könnte es derzeit nicht besser laufen. Bild: dpa

JERUSALEM taz Besser hätte der Wahlkampfauftakt für Benjamin Netanjahu nicht laufen können. Drei Wochen nach dem Startschuss für die vorgezogenen Neuwahlen, als es noch nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Kadima aussah, geben ihm Umfragen vom Wochenende sechs Mandate Vorsprung vor Außenministerin Zipi Livni. Die Kadima scheint sich derzeit über noch immer nicht geklärte parteiinterne Machtkämpfe selbst im Weg zu stehen, die Arbeitspartei droht auf den fünften Platz in der Knesset (Parlament) abzurutschen, während sich das linke Lager neu formiert.

In Israels Parteienlandschaft wird derzeit viel gewandert. Vor allem Ehud Barak, Chef der Sozialdemokraten, hat alle Hände voll zu tun, seine Schäfchen beisammenzuhalten. Einige davon zieht es zu dem neuen Linksbündnis, das auf der Basis der bereits bestehenden Meretz am 5. Dezember offiziell ins Leben gerufen werden soll. Im Verlauf einer ersten Gründerversammlung war von einem "sozialdemokratischen Lager, das nach dem Frieden strebt", die Rede. Mit von der Partie sind die Autoren David Grossmann und Amos Oz. Letzterer betrachtet die historische Rolle der Arbeitspartei, die bis 1977 Regierungspartei war und auch danach noch entscheidend mitmischte, als "beendet". Für die Misere in erster Linie verantwortlich sei, so meint der Autor, Ehud Barak.

Er könne "nicht gleichzeitig bester Freund der Siedler sein und Führer des Friedenslagers", sagt Oz über den Chef der Arbeitspartei. Doch nicht nur Barak, sondern die gesamte Parteiführung enttäuschte in all den Jahren, in denen sie an der Regierungskoalition festhielt, anstatt an einem für den Wähler erkennbar alternativen Programm zu arbeiten. Immer offener flirtet Barak mit dem Likud und schließt ein Zusammengehen mit Netanjahu längst nicht mehr aus. Erst vor wenigen Tagen unterzeichnete er persönlich die Genehmigung für den Bau mehrerer hundert zusätzlicher Wohneinheiten für jüdische Siedler im Westjordanland.

Bei einem derartigen Rechtsruck ist der Sprung ins konservative Lager nicht mehr weit. Zur Aufnahme parteimüder Sozialdemokraten ist der Likud jederzeit gern bereit. Unter den neuen Freunden Netanjahus finden sich bereits drei Namen, die in Israel schwer wiegen: Dayan, Rabin und Begin. Ausgerechnet Usi Dayan, Neffe des umstrittenen Exverteidigungsministers mit der Augenklappe, Mosche Dayan, wand sich diese Woche an Juval Rabin, um ihn für den Likud zu gewinnen. Der Sohn des 1995 ermordeten Premierministers Jitzhak Rabin hatte schon vor ein paar Wochen überraschend erklärt, dass er seine Stimme vermutlich Netanjahu geben werde. Dabei hatte die Familie, allen voran Mutter Lea, Netanjahu namentlich für die Hetze verantwortlich gemacht, die schließlich das geeignete Klima für den Mord geschaffen habe.

Ein ähnliches Geschenk für Netanjahu ist Benni Begin, den es Anfang des Monats in die Reihen des Likud zurücktrieb. Vor knapp zehn Jahren verließ er das Parlament aus Zorn über das "Wye-Plantation-Abkommen", mit dem sich Netanjahu zur Aufgabe großer Teile der Stadt Hebron verpflichtet hatte, was Begin als Betrug an den Grundpfeilern der Bewegung empfand. Begin gilt als unbestechlicher "Mr. Saubermann" und eine Art konservative Antwort auf die aufrichtige Zipi Livni. Nicht Begin sei zum Likud zurückgekehrt, heißt es in einer Anzeige der Partei, "sondern der Likud zu Benni Begin".

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