Zweites Konjunkturpaket: Die Bescherung rückt näher

Nach dem Krisengipfel im Kanzleramt zeichnen sich die Umrisse eines zweiten Konjunkturpakets ab - mit Schwerpunkt auf Investitionen in Straßen und Schulen.

Stimmten die Unternehmer und Politiker aufs Schenken ein: Weihnachtsmänner. Bild: dpa

Von einer "konzertierten Aktion" wollte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag vorsichtshalber nicht sprechen. Zwar hätten sich einige Teilnehmer der Krisenrunde, die am Abend zuvor im Kanzleramt tagte, durchaus an das Gremium aus den Sechziger- und Siebzigerjahren erinnert gefühlt. "Die Neuauflage eines historischen Sachverhalts macht aber keinen Sinn", fügte Wilhelm gleich hinzu. Kein Wunder: Schließlich scheiterte das Original am Ende ebenso kläglich wie ein Vierteljahrhundert später das rot-grüne "Bündnis für Arbeit".

Sieben Stunden lang saßen am Sonntagabend dreißig Unternehmer und Gewerkschafter, Politiker und Wissenschaftler im Kanzleramt zusammen. Mit der Einladung wollte Regierungschefin Angela Merkel (CDU) dem Vorwurf begegnen, sie tue nichts gegen die anrollende Wirtschaftskrise - und sich gleichzeitig an das zweite Konjunkturpaket heranrobben, das die Koalition aus Union und SPD im neuen Jahr beschließen will.

Der ursprüngliche Plan von Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück (CDU), damit bis zum Frühjahr zu warten, ist angesichts des zunehmenden öffentlichen Drucks inzwischen überholt. Jetzt gilt es als wahrscheinlich, dass Ende Januar ein neues Programm beschlossen wird - nach der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Barack Obama. Sowohl Merkel als auch Steinbrück waren im jeweils eigenen Lager zunehmend unter Druck geraten. In der SPD war es vor allem Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, der mit eigenen Initiativen zur Konjunkturbelebung aus dem Schatten des Finanzministers treten wollte.

An die konzertierte Aktion von einst erinnerte vor allem, dass sich die Vertreter der Großkonzerne prinzipiell zu Verhandlungen über eine Jobgarantie für das Jahr 2009 bereit erklärten. So begeistert waren alle Teilnehmer von dem Vorschlag, dass sie die Urheberschaft sogleich für sich selbst reklamierten. Nicht nur Gewerkschafter und Unternehmer stritten um das Copyright an der Idee, sondern auch die Kanzlerin und ihr Vize Frank-Walter Steinmeier. Seinen Sprecher ließ Steinmeier noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass er bereits vor dem Gipfel im Kanzleramt angekündigt hatte: "2009 darf kein Jahr der Entlassungen werden."

Bei den Plänen für ein zweites staatliches Konjunkturprogramm zeichnet sich ein breiter Konsens für öffentliche Investitionen in Bau und Sanierung von Straßen, Schulen oder Hochschulen ab. Auf der routinemäßigen Konferenz mit den Ministerpräsidenten am Donnerstag in Berlin will die Bundesregierung sondieren, welche Bauprojekte vorgezogen werden können. Entsprechend Wunschlisten sollen die Länderchefs mitbringen. Auch um Hilfen für die Kommunen soll es dabei gehen. Der Regierungssprecher räumte allerdings ein, dass die Einbrüche in den exportorientierten Branchen mit Investitionen in Bauprojekte nicht aufgefangen werden können.

Keine Annäherung gab es dagegen in der Frage, ob das Konjunkturpaket auch niedrigere Steuern enthalten soll. "Ich persönlich bin mir ziemlich sicher, dass auch Steuersenkungen dabei sein werden", bekräftigt Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) nach der Krisenrunde die Position seiner Partei. Auch der SPD-Wirtschaftsexperte Rainer Wend sagte der taz, zu den Investitionen könnten auch Steuersenkungen oder Konsumgutscheine für Geringverdiener dazukommen - aber eher als Kosmetik, um "alle ins Boot zu holen". Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wollte nur noch ausschließen, dass es zu "massiven" Steuersenkungen kommt.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla bekräftigte dagegen, es bleibe bei den Beschlüssen des Stuttgarter Bundesparteitags vor zwei Wochen. Damals hatte Parteichefin Merkel einen sofortigen Steuernachlass abgelehnt. Rückendeckung erhielt sie am Montag erneut von den Ministerpräsidenten der eigenen Partei. "Wir können keine Steuern auf Pump senken", sagt der baden-württembergische Regierungschef Günther Oettinger vor einem Treffen der CDU-Spitze in Berlin. "Wir brauchen zielgenaue Maßnahmen, keine Verschleuderung." Ähnlich äußerte sich sein hessischer Amtskollege Roland Koch, der zugleich die ins Auge gefassten Investitionshilfen für die Städte und Gemeinden begrüßte. "Bei Investitionen in die Kommunen werden wir sicherlich eine Partnerschaft mit dem Bund einzugehen haben, um gerade die Bauindustrie zu stabilisieren", sagte er.

Ein wenig klarer ist nach dem Gipfel auch der weitere Zeitplan. Am 4. Januar wollen sich nun CDU und CSU auf eine gemeinsame Linie für die tags darauf geplante Koalitionsrunde mit der SPD einigen. Als Zeichen der unionsinternen Verständigungsbereitschaft wird auch die Zusage vom Montag gewertet, dass CSU-Chef Horst Seehofer am 10. Januar zur Vorstandsklausur der CDU nach Erfurt kommen wird. Gelingt es CDU und SPD tatsächlich, auch die Christsozialen einzubinden, wäre es wohl wirklich so etwas wie eine neue konzertierte Aktion.

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