Volksbegehren gegen Tagebaue läuft schleppend: Begehren geht den Bach runter

Das Volksbegehren "Keine neuen Tagebaue" in Brandenburg läuft nur schleppend an: 80.000 Stimmen sind notwendig, zur Halbzeit haben allerdings erst gut 6.200 Menschen unterschrieben.

Trotz Werbeaktionen für das Volksbegehren haben bis jetzt nur 6.239 Menschen unterschrieben Bild: AP

Das Rathaus von Rietz-Neuendorf steht auf dem Hof der ehemaligen LPG. "Das Volksbegehren? Da müssen Sie zum Meldeamt", sagt die freundliche Frau im Erdgeschoss. Seit 10. Oktober sind die Brandenburger aufgerufen, über das Volksbegehren gegen neue Tagebaue abzustimmen. Vattenfall will in der Lausitz drei neue Braunkohlen-Tagebaue erschließen, um auch nach 2040 noch Braunkohle verstromen zu können. Dagegen wehrt sich ein Bündnis von Umweltschützern bis zum Bauernverband, von der Linken bis zu den Bündnisgrünen.

"Sie müssen sich hier eintragen." Der junge Mann in der Meldestelle hat aus der obersten Schublade eine Liste gezogen. Elf Namen sind darauf eingetragen. 4.300 Einwohner zählt die Gemeinde südöstlich von Berlin, vier der 24 Gemeindevertreter stellt die Freiwillige Feuerwehr. "Das ist ganz schön viel", urteilt der Meldestellen-Mann: Er habe noch nie erlebt, dass sich so viele Leute in seinem Amt beteiligt hätten.

"Es läuft nicht rund", urteilt dagegen Falk Hermenau, der Koordinator der Braunkohlegegner. Zur Halbzeit haben sich gerade einmal 6.239 Menschen in die Listen eingetragen, wie der brandenburgische Landeswahlleiter am Dienstag mitteilte. 80.000 Unterschriften sind jedoch notwendig, um das notwendige Quorum zu erfüllen. Vattenfalls Pläne bedrohen mehrere Dörfer, tausende Menschen müssten umgesiedelt werden. Hermenau fragt: "Wo sind die bloß alle?"

Bis zum 9. Februar bleibt Zeit, um zu mobilisieren. Denn ein Grund für das schleppende Interesse ist "der späte Beginn unserer Kampagne", so Hermenau. Der zweite: "Wir müssen die Leute betroffen machen, nur wer betroffen ist, engagiert sich." So habe ihm beispielsweise ein Arzt aus der Lausitz erklärt, dass ihm die Braunkohle immer egal gewesen sei - bis die neuen Pläne Vattenfalls bekannt wurden, die ein Abbaggern seines Hauses bedeuten.

"Viele glauben wohl, es sei noch Zeit genug, sich am Volksbegehren zu beteiligen", sagt René Schuster von der Grünen Liga in Cottbus. "Aber: Wer erst in letzter Minute seine Stimme abgibt, kann andere nicht mehr motivieren." Der Gang zum Meldeamt sei eine große Hürde, meint Bernd Sachse, Kreisvorsitzender der Linken im Märkisch-Oderland. "Viele Menschen müssen lange Wege zurücklegen und dann auch noch auf dem Amt selbst warten."

Auch beim Verein Mehr Demokratie sieht man die Schuld für den schwachen Zuspruch zum Volksbegehren in den "miserablen Eintragungsbedingungen": "In Brandenburg ist weder die freie Unterschriftensammlung noch die Unterstützung per Brief möglich", sagt Michael Efler, Leiter des Berlin-Brandenburger Landesverbands. Das sei der Grund, warum bislang alle sechs Volksbegehren gescheitert seien.

"Menschliche Trägheit darf hier nicht maßgeblich sein", sagt dagegen Mathias Bernd, Pfarrer aus Atterwasch. "Die Brandenburger müssen zeigen, auf welcher Seite sie stehen." Dadurch würde auch auf andere eine "Sogwirkung" ausgeübt. Zum Beispiel in Rietz-Neuendorf: Unter einer der Nachbargemeinden nahe Fürstenwalde haben die Geologen ein mächtiges Braunkohleflöz entdeckt. Hermenau: "Jeden kann es im Süden Brandenburgs erwischen. Deshalb ist es wichtig, jetzt den mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohle festzuschreiben."

Mehr Infos: www.keine-neuen-tagebaue.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.