BND-Agenten im Irak-Krieg: US-Militär bringt Steinmeier in Not

Für Außenminister Steinmeier wird es vor dem BND-Ausschuss ungemütlich. US-Generäle bestreiten, dass BND-Agenten im Irak nur humanitären Zwecken dienten.

Es bleiben Fakten schräg zu seiner Version: Frank-Walter Steinmeier. Bild: dpa

BERLIN taz Als Frank-Walter Steinmeier im Juni zuletzt vor dem BND-Untersuchungsausschuss als Zeuge auftrat, gab er sich aufdringlich gelassen. Natürlich habe man mit den USA nach den Anschlägen vom 11. September kooperiert, jedoch stets nach strengen Menschenrechtsmaßstäben. "Ich habe auch den Eindruck, dass die Öffentlichkeit das versteht", gab der SPD-Außenminister spitz zu Protokoll. Wäre er direkter gewesen, hätte er gesagt: Alle, die meinen, dass Deutschland irgendwelche Irakkriegspläne oder CIA-Machenschaften stützte, sollen jetzt mal die Klappe halten.

Doch nun ist Steinmeier wieder in der Defensive. Wenn der Exkanzleramtschef am Donnerstag zum fünften Mal vor dem Ausschuss erscheint, dürfte es ungemütlicher zugehen als zuletzt. Der Grund: US-General James Marks hat im aktuellen Spiegel so ziemlich das Gegenteil dessen behauptet, was Steinmeier seit Jahren von sich gibt.

Konkret geht es um zwei BND-Agenten, die im Jahr 2003 nach Bagdad geschickt wurden, und die Frage, welche Informationen sie den US-Stellen zukommen ließen und was Steinmeier, damals auch Geheimdienstkoordinator, darüber wusste. Steinmeier behauptet, es wären nur zivile "Nichtziele" übermittelt worden - Krankenhäuser oder Botschaften. Laut General Marks sollen die Tipps der beiden Deutschen für die USA jedoch "extrem wichtig und wertvoll" gewesen sein. Sie hätten dazu beigetragen, dass der Kriegsbeginn vorgezogen und Pläne für einen Angriff auf den Flughafen Bagdad verworfen worden seien. Am Mittwoch legte der Spiegel in seiner Onlineausgabe nach und zitierte den US-Oberbefehlshaber der Irakinvasion, Tommy Franks, mit den Worten: "Diese Jungs waren unbezahlbar."

Zwei andere Zeitungen wiederum berichteten von BND-Dokumenten, die zeigen sollen, dass die Äußerungen von General Marks nicht stichhaltig sind. Marks Daten stimmen nicht mit den BND-Akten überein, zudem erinnere sich Marks an das Foto einer Flugabwehrstellung, das die BND-Zentrale nie an die USA übermittelt habe. Der SPD-Mann im Ausschuss, Michael Hartmann, vermutet hinter der Spiegel-Story Methode. Immer wenn Steinmeier als Zeuge gehört werde, tauchten zuvor "dubiose Zeugen aus den USA" auf. Außerdem arbeite Exgeneral Marks, so Hartmann etwas wolkig, wohl noch immer für das Pentagon. Marks und Franks, so die Lesart der Steinmeier-Verteidiger, ist der letzte Versuch der Bush-Regierung, sich für das rot-grüne Nein zum Irakkrieg zu rächen.

Das kann sein - aber selbst wenn es so ist, bleiben ein paar Fakten, die schräg zu Steinmeiers Version stehen, der BND habe nie militärisch wertvolle Infos an die USA geliefert. Für Christian Ströbele, den Grünen im Ausschuss, stützen Marks Aussagen nur, was ohnehin aus den Akten hervorgeht: dass die BND-Agenten auf Anfrage des US-Militärs bereitwillig Informationen über Stellungen des irakischen Militärs geliefert haben. In den Akten steht, so Ströbele, dass "37 kriegswichtige Informationen an die USA weitergeben wurden". Und es existiert ein wichtigstes Indiz dafür, dass die BND-Agenten wussten, was sie taten: Als sie am 5. April 2003 Informationen über irakische Soldaten in ihrer Nähe an die BND-Zentrale sandten, baten sie darum, dass die USA keine Raketen oder Artillerie gegen die gemeldeten Ziele einsetzen, sondern "Special Forces" - offenbar um nicht selbst in Gefahr zu geraten.

Nun gehört die Kritik der Opposition seit Beginn der Ausschussarbeit im April 2006 ebenso zum festen Bestandteil wie die Tatsache, dass die Unionsvertreter Steinmeier den Rücken frei halten. Doch selbst darauf kann sich Steinmeier nicht mehr verlassen, seit er als Kanzlerkandidat der SPD feststeht. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen kündigte bereits an, Steinmeier nicht mehr zu schonen. Und CSU-General Karl-Theodor zu Guttenberg polterte: "Das Traumbild der SPD, eine Friedenspartei zu sein, ist erheblich erschüttert worden." Und Steinmeier? "Der Außenminister geht gelassen, aber kämpferisch in den Ausschuss", so ein Sprecher.

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