Erste Kunstmesse abgesagt: Noch ist der Terminkalender voll

Manhattans Asian Art Fair ist wegen schlechter Geschäftsaussichten abgeblasen worden. Weltweit reagieren die Messen auf die Krise mit neuen Konzepten.

Nach dem Dubai-Boom liegt die Hoffnung des Kunstmarkts in Abu-Dhabi. Bild: dpa

Manhattans International Asian Art Fair hatte in ihrem bescheidenen Messedasein sicher schon immer davon geträumt, einmal ganz groß in der New York Times herauszukommen. Kürzlich war es so weit: Zu Jahresbeginn erhielt sie einen großen Artikel - weil sie nicht stattfindet. Die Organisatoren haben entschieden, dass die für März geplante 14. Ausgabe wegen schlechter Geschäftsaussichten ausfällt.

Aussagekräftiger als dieser Schritt ist allerdings die publizistische Reaktion der zweitstärksten US-Zeitung, um die bange Sorge um den Kunstmarkt 2009 zu illustrieren. Eine Messe mehr oder weniger - wer hätte sich vor einem Jahr dafür interessiert? Doch nun sind Gerüchte auch über Schwierigkeiten der großen Leistungsschauen wie der New Yorker Armory Show oder der Art Basel Miami Beach zu hören. Gesprochen wird außerdem über die angeblich trüben Aussichten für Newcomermessen wie ShContemporary in Schanghai.

Auf Nachfrage weisen die Betroffenen die Gerüchte von sich. Besonders im Bereich Gegenwartskunst sind die Termine weiterhin schwindelerregend dicht geplant: Armory Show im März, Art Basel im Juni, Berlins Art Forum im September, Londons Frieze Art im Oktober, Art Miami und Art Basel Miami Beach im Dezember. Auch Dutzende Satellitenmessen, die mit Namen wie Next und Preview ihren Anspruch auf die Zukunft untermauern, und die Exoten wie ShContemporary und Art Dubai bleiben vorerst am Start. Doch Sorgen machen sich alle.

"Die Händler denken viel sorgfältiger darüber nach, in welche Messen sie ihr Geld stecken, ebenso wie Sammler", sagt Amanda Coulson von der parallel zu Art Basel und zur Armory Show stattfindenden Satellitenmesse Volta. Einige Händler hätten sich für kleinere, billigere Stände entschieden, und andere blieben ganz aus, berichtet der Armory-Direktor Paul Morris. "Es besteht kein Zweifel, dass wir vor herausfordernden Zeiten stehen", fügt der nicht nur sonnige Zeiten gewöhnte Kunsthändler hinzu. Als Morris seine Messe Mitte der 1990er-Jahre aus der Taufe hob, herrschte gerade mal wieder Flaute auf dem Kunstmarkt. "Jetzt erst recht", lautete sein Motto damals, um der Depression zu begegnen.

Darauf setzt Morris auch diesmal: Die Armory Show trumpft im März mit einer neuen Sektion für moderne Klassik auf. Auf dem Landungspier am Hudson, wo die Schau seit Jahren stattfindet, ist eine zweite Halle für Werke bis ins späte 19. Jahrhundert hinzugekommen. "Die Sammler von Gegenwartskunst und Moderner Klassik waren bisher weitgehend getrennte Gruppen. Jetzt können wir sie zusammenbringen", so Morris.

Offensichtlich ist diese Erweiterung zunehmender Vorsicht geschuldet. Denn die historisch anerkannten Schulen von Impressionismus bis Pop-Art zeigen sich in der wirtschaftlichen Krise stabiler. Morris sagt, er habe die Idee der Armory Show - Modern schon seit langem gehabt. Dass er sie nun aber gerade zur rechten Zeit umsetzen kann, verdankt er einem weiteren cleveren Schachzug für den Selbsterhalt: Die gesamte Messe gehört nicht länger ihm und drei weiteren Gründern, sondern einer riesigen Messeproduktionsfirma aus Chicago namens Merchandise Mart Properties (MMP). Deren Präsident Christopher Kennedy, Spross des berühmten Politclans, entdeckte 2006 sein Herz für die Kunsthändler, als er die in Schwierigkeiten geratene einstige US-Vorzeigemesse Art Chicago rettete. Inzwischen enthält das MMP-Portfolio sechs Kunstmessen, darunter auch Armory. "Es war ein ausdrücklicher Wunsch von Chris Kennedy, dass wir die moderne Sektion hinzufügen", betont Morris.

"Um zu überleben, müssen wir in mehreren Märkten präsent sein", sagt auch Alexis Hubshman von Scope. Die erfolgreichste unter den ungezählten kleinen Messen für ganz junge Kunst hat sich in New York, Basel, Miami und London etabliert - und in den Hamptons, weil dort im reichen Umland von Manhattan viele Sammler wohnen. Für 2010 ist eine Erweiterung in die Arabischen Emirate geplant. Hubshman glaubt allerdings, dass der Dubai-Boom bald vorbei sein dürfte, da das Wirtschaftswunder des Emirats stark von der Bau- und Tourismusbranche abhängig ist. Lieber setzt er auf Abu Dhabi oder Kuwait.

"Die Märkte im Nahen Osten haben weiterhin Potenzial", glaubt auch der frühere Direktor der Art Cologne, Gérard Goodrow, der jetzt für das Auktionshaus Phillips de Pury in Köln arbeitet. Selbst wenn die Messen dort 2009 umsatzschwach blieben, sei die Kultur weiterhin ein wichtiges Prestigeobjekt, in das die Herren am Golf investieren würden. Der Kunstmarkt bleibt somit auch in der Krise ein präzises Modell der kapitalistischen Dynamik, die stetes Geschäftswachstum erfordert - Stagnation dagegen bedeutet Tod.

Dieses Gesetz birgt aber auch die Gefahr, Qualität und Profil der Messen zu verwässern. Die Armory Show etwa wirbt weiterhin damit, man sei "die weltweit führende Messe, die sich seit 1999 ausschließlich der Gegenwartskunst widmet". Die Sektion der Moderne verwischt diesen Anspruch. Um trotzdem den Exklusivitätsfaktor hochzuhalten, setzt man auf eine enge Vernetzung mit Museen und Sammlern. Institutionen wie das Whitney Museum legten anlässlich von Armory Sonderprogramme auf, rund 25 Sammler wollten in diesem Jahr ihre Türen für VIP-Führungen öffnen, so Morris.

Doch auf ähnliche Begleitangebote setzen auch die anderen. Scope unterhält darüber hinaus eine eigene Stiftung, um die Arbeit neuer Talente zu fördern. Das Non-Profit-Engagement stärkt die Aura der Messe, eher ein Kreativpool als ein kommerzielles Unternehmen zu sein. "Inhalt ist alles", lautet Hubshmans cleveres Credo, dem seine eigene Vergangenheit als Künstler um so mehr Glaubwürdigkeit verschafft. Paul Morris dagegen beginnt einen (wenn auch gut abgesicherten) Drahtseilakt. Genau dafür sei die Krisenzeit richtig, meint er: "Ich habe gelernt, dass harte Zeiten reich an Möglichkeiten sind."

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