Kommentar Erika Steinbach: Missliche Verschleppungstaktik

Der Streit um die Personalie Steinbach ist wieder hochgekocht. Es wäre falsch, den Bund der Vertriebenen über unsere politische Erinnerung bestimmen zu lassen - am Ende muss die Regierung entscheiden.

Was hat die Bundeskanzlerin bewogen, in der Frage der Mitgliedschaft der Vertriebenenchefin Erika Steinbach beim Kuratorium des "Sichtbaren Zeichens", also der künftigen Ausstellung über Flucht, Vertreibung und Integration, auf Verschleppung zu setzen? Was wollte sie mit der Ankündigung gewinnen, über die Besetzung des Kuratoriums werde erst nach den Wahlen entschieden, also 2010?

Sie kann doch nicht glauben, unter einer neuen, schwarz-gelben Regierung werde sich das Problem der "Personalie" Steinbach in Luft auflösen. Noch kann sie kalkulieren, die Vertagung dieses Problems werde bei der Bundestagswahl der CDU die Stimmen des rechten Flügels der Vertriebenen sichern. Spätestens am "Tag der Heimat" kurz vor den Wahlen wird sie ihre Verschleppungstaktik rechtfertigen müssen. Eine kaum lösbare Aufgabe.

Gleichzeitig wird von Steinmeier bis Westerwelle die Forderung erhoben, jetzt das Kuratorium zu besetzen, und zwar ohne Steinbach. Die Bundeskanzlerin hätte dieser populären Stimmung den Wind aus dem Segel nehmen können, wenn sie durch Verhandlungen mit dem Bund der Vertriebenen (BdV) den Weg für einen Verzicht Steinbachs freigemacht hätte. Aber sie blieb untätig..

In der Konstruktion des "Sichtbaren Zeichens" hat der BdV seinen Platz. Wer aber in das Kuratorium entsandt wird, ist nicht allein Sache der Vertriebenen. Letztlich entscheidet die Bundesregierung. Problematisch ist allerdings, wenn, wie bei Frank-Walter Steinmeier, gegen die Mitgliedschaft Steinbachs ausschließlich die hierdurch bewirkte Verschlechterung des Verhältnisses zum polnischen Nachbarn aufgeführt wird. Damit wird die Person Erika Steinbach dämonisiert. Die oft neurotische Polemik gegen Steinbach bei polnischen Medien und Politikern einerseits, die antipolnischen Haltungen beim BdV andererseits schaukeln sich gegenseitig hoch. An diesem Spiel sollte man sich nicht beteiligen. Die Forderung, Erika Steinbach vom Kuratorium fernzuhalten, mag für das polnische Selbstverständnis wichtig sein. Wichtiger für uns ist die Gefährdung unserer politischen Kultur, falls der Bund der Vertriebenen unsere politische Erinnerung bestimmen würde.

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