Gaststätten gegen Hygiene-Initiative: Verband stellt sich vor Schmuddelköche

Berlin-Pankow bewertet als erster Bezirk die Hygiene in Restaurants. Ausgehwillige können im Internet nachlesen, wo Ratten in der Küche umherflitzen und Essen gammelt.

Ob bei der Zubereitung alle Hygienevorschriften befolgt wurden? Ein Fleischgericht auf dem Teller. Bild: ap

Ein Haar in der Suppe möchte keiner finden, der ins Restaurant geht. Als erster Bezirk in Berlin will Pankow Wirten mit mangelndem Hygienebewusstsein nun zu Leibe rücken und am heutigen Montag eine Negativliste der schmutzigen Betriebe im Internet veröffentlichen. Doch Kritik an der Verbraucherschutzinitiative erfährt der zuständige Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) ausgerechnet von dem Verein, der sich als Anwalt vorbildlicher Restaurants sehen sollte: dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga.

"Sollte eines unserer Mitglieder auf diese Negativliste gesetzt werden, werden wir das juristisch prüfen lassen", kündigte Dehoga-Geschäftsführer Thomas Lengfelder am Wochenende an. Er bezweifelte die Objektivität des Bezirks. Es sei fraglich, ob Pankow genügend Personal für flächendeckende Kontrollen habe. "Zudem ist ein Qualitätssiegel keine Sache der Politik", fügte Lengfelder hinzu.

Seit Januar können sich in dem Bezirk Restaurants, Kneipen und Imbissbuden auf freiwilliger Basis um einen "Sauberkeits-Smiley" bewerben. Lokale, in denen es keine Beanstandungen gibt, bekommen einen Hygienepass und können sich als Zeichen gelbe Smileys in die Tür hängen. Die Namen verdreckter Küchen sollen hingegen ins Internet gestellt werden. Nach Bezirksangaben sind diese Betriebe während der routinemäßigen Kontrollen aufgefallen.

Bezirksstadtrat Kirchner nahm die Drohungen von Dehoga-Chef Lengfelder gelassen auf. "Der Verband hat offenbar noch nicht begriffen, worum es geht: um Verbraucherschutz", sagte er am Sonntag der taz. "Wenn der Gaststättenverband dagegen vorgeht, dass dreckige Küchen und mangelnde Hygiene kenntlich gemacht werden, muss er sich fragen, wen er eigentlich vertritt."

Der Stadtrat verwies auf das seit letztem Jahr geltende Verbraucherinformationsgesetz. Darin heißt es, eine "informationspflichtige Stelle" könne Informationen auch über das Internet zugänglich machen - und zwar so, dass es die Verbraucher verstehen. Kirchner wirbt dafür, das System auf ganz Berlin auszudehnen und so flächendeckend für Transparenz im Restaurantgewerbe zu sorgen.

Damit würde einer der Hauptvorwürfe des Gaststättenverbands ausgehebelt: Dehoga-Chef Lengfelder beklagt nämlich vor allem, dass die Smileys sowie die Negativliste nur für den Bezirk Pankow gelten. Das sei Wettbewerbsverzerrung. Die Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit, Marie Luise Dittmar, sagte dazu, Pankow sei ein Pilotprojekt. "Es dient dazu, Erfahrungen zu sammeln und zu prüfen, ob das System auf ganz Berlin übertragbar ist."

Auf der Negativliste stehen laut Kirchner 42 Restaurants, Kneipen und Imbisse. Auf der Positivliste waren bis Sonntagnachmittag drei Betriebe von mehreren tausend im Bezirk gelistet: das Domicil Seniorenpflegeheim, das Pfefferwerk Stadtkultur und das Café Paula in der Florastraße. An der Eingangstür des Cafés prangt seit einer Woche das grüne Smiley-Logo. "Bei uns gab es am Anfang auch kleine Mängel, aber wir waren immer offen und kooperativ", sagte dort eine Servicekraft. "Ich verstehe die Aufregung nicht, die wegen dieser Kontrollen immer gemacht wird."

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