Urteil im Irak: Drei Jahre für den Schuhwerfer

Das Gericht sieht im Schuhwurf auf Expräsident George W. Bush einen Angriff auf ein ausländisches Staatsoberhaupt. Darauf stehen maximal sogar 15 Jahre Gefängnis.

Symbolisch oft nachgeahmt: der Schuhwurf auf Bush. Bild: dpa

KAIRO taz Kurz und schmerzvoll für den Angeklagten war der Prozess gegen den irakischen Schuhwerfer in Bagdad. Bereits am ersten offiziellen Prozesstag wurde Montasser al-Saidi für seinen berühmten Schuhwurf auf den einstigen US-Präsidenten George W. Bush zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. "Lang lebe der Irak", rief al-Saidi nach dem Urteilsspruch.

Zuvor hatte der irakische Journalist sich noch für "nicht schuldig" erklärt, da es sich bei seiner Tat um eine "natürliche Reaktion auf eine Besatzung" gehandelt habe. Einige seiner Verwandten brachen nach dem Urteilsspruch zusammen und mussten aus dem Gerichtssaal geführt werden. Andere riefen wütend "Nieder mit Bush" und "Lang lebe der Irak" und wurden von Sicherheitsleuten aus dem Saal des zentralen Strafgerichtes in Bagdad entfernt. Noch vor der Urteilsverkündung hatte der 30-jährige al-Saidi im Gericht geweint, nachdem Journalisten ihm berichtet hatten, dass zwei Kollegen bei einem Selbstmordanschlag vor zwei Tagen ums Leben gekommen waren.

Dem Schuhwerfer hatte eine Höchststrafe von 15 Jahren gedroht, die laut irakischem Recht auf einen "Angriff auf ein ausländisches Staatsoberhaupt" stehen. Seine Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert, da es sich bei den Schuhen nicht um eine tödliche Waffe handle. "Es wurde ein Schuh und keine Rakete geworfen", argumentierte am Donnerstag einer der Anwälte. Bestenfalls handele es sich dabei um eine Beleidigung eines Staatsoberhauptes und darauf stünden nach irakischem Strafgesetzbuch maximal zwei Jahre.

Der Prozess war am 19. Februar zunächst verschoben worden, weil das Verteidigungsteam damals erklärte, dass es sich bei dem Abschiedsbesuch von Bush in Bagdad letzten Dezember nicht um einen Staatsbesuch, sondern um eine informelle Visite in einem besetzten Gebiet gehandelt hatte und dass al-Saidi mit dem Schuhwurf seine Opposition zur Besatzung zum Ausdruck bringen wollte. Das Gericht hatte daraufhin verkündet, dass der Prozess fortgesetzt würde, nachdem der Status des Bush-Besuches genau geklärt ist. Am Donnerstag verlas der Richter dann eine Erklärung des Büros des irakischen Premierministers Nuri al-Maliki, in der bestätigt wurde, dass es sich bei der Bush-Visite um einen offiziellen Staatsbesuch gehandelt habe. Der Richter begründete sein Urteil damit, dass sich al-Saidi zwar strafbar gemacht habe, aber zuvor niemals straffällig gewesen sei. Die Verteidigung hat bereits angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. "Auch wenn einige behaupten, dies sei ein mildes Urteil, empfinden wir es als falsch", erklärte Hadi Marei von der Agentur für Pressefreiheit in Bagdad gegenüber dem arabischen Sender al-Arabija. "Wir können in einem Land, das vermeintlich demokratisch ist, keinen Journalisten hinter Gittern akzeptieren", erklärte er.

Al-Saidi hatte im Februar erklärt, dass er ohne Waffengewalt den Stolz des irakischen Volkes wiederherstellen wollte. Er habe weder Bush verletzen noch al-Maliki in eine peinliche Lage bringen wollen. "Was mich angetrieben hat, war die Demütigung des Iraks durch die US-Besatzung und die Ermordung unschuldiger Menschen", sagte der Fernsehjournalist, der früher für den Sender al-Bagdadija tätig war.

Der Schuhwurf hatte allerlei Reaktionen hervorgerufen. Vom eilig konzipierten Internetspiel (www.sockandawe.com), bei dem man versuchen kann, den sich wegduckenden Bush mit Schuhen zu treffen, bis hin zu echten Nachahmern, wie einem deutschen Studenten, der im Februar den chinesischen Premier Wen Jiabao bei einer Rede an der britischen Cambridge-Universität mit Schuhen bewarf.

Laut einer Meinungsumfrage der BBC betrachten 62 Prozent der Iraker al-Saidi als "Held". Fast ein Viertel der Befragten bezeichnen ihn als "Verbrecher". Jeder zehnte Befragte gab an, er sei "Held" und "Verbrecher" in einer Person.

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