Bernhard Pötter Rettung der Welt
: Klimakiller Kind

Babys sind umweltschädlich. Denn neuer Nachwuchs verursacht neue Ökokosten. Ist das so einfach?

Die französischen Grünen sind derzeit schwer angesagt. Bei der Europawahl bekamen sie so viele Stimmen wie die Sozialisten. Das könnte sich nun ändern. Ihr Europaabgeordneter Yves Cochet hat einen Vorschlag gemacht, der im Land der Großfamilien so beliebt ist wie der Fünf-Mark-pro-Liter-Benzin-Beschluss seiner deutschen Kollegen von 1998: Cochet hat gefordert, die Franzosen sollten auf das dritte Kind verzichten. Wegen des Klimas.

Er hat natürlich recht. Wenn die Welt überbevölkert ist, dann von der ressourcenhungrigen Mittelklasse der Industrieländer. Das Wachstum der Weltbevölkerung ist für sich genommen nicht unbedingt ein Problem – eng wird es, weil alle so leben wollen wie wir. „Die Öko-Kosten eines Kindes sind so hoch wie 620 Flüge zwischen Paris und New York“, sagt Cochet. Zumindest sollten die staatlichen Hilfen ab dem fünften Familienmitglied abnehmen.

Aber darf man so rechnen, frage ich mich als dreifacher Vater? Ist unser Jüngster ein „Klimaferkel“? So betrachtet, müssten kinderärmere Länder wie Deutschland oder Japan ökologische Vorreiter sein: Der Bedarf an Mobilität, Lebensmitteln und Rohstoffen müsste dort drastisch sinken. Tut er aber nicht, weil wir Menschen im reichen Norden auch mit nur einem Kind auf dem Rücksitz Auto fahren und jedes Kind ein eigenes Zimmer für sein Spielzeug braucht, weil wir mehr kaufen, je mehr Geld wir haben, das wir nicht für Kinder ausgeben.

Forscher nennen das den „Rebound“, weil Effizienzgewinne oft nur dazu führen, dass insgesamt mehr verbraucht wird: Effizientere Autos fahren eben einfach ein paar Kilometer mehr. Singles, Kinderlose und Kleinfamilien machen auch Klimamist.

Solange es kein Umdenken und Umhandeln zu mehr Weniger und weniger Mehr gibt, hilft der schwanzgesteuerte Klimaschutz nicht weiter. Im Gegenteil: Das dritte Kind in unserem Bunde verlängert um ein paar entscheidende Jahre die Zeit, in der wir am Wochenende auf dem Boden liegen und Tippkick spielen, statt mit halbwüchsigen Supershoppern durch die Kaufhäuser zu streichen. Zu Weihnachten scheint der Grüne Cochet zwar recht zu haben. Die größte Einkaufsorgie der Saison hat ihren Ursprung schließlich in der Geburt eines Kindes. Aber: Das war ein Erstgeborener.

Der Autor ist Journalist und hält sein drittes Kind nicht für schädlich Foto: privat