LESERINNENBRIEFE
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Ökostromhandel reduziert nicht CO2

■ betr.: „Kein Lichtblick“, taz vom 17. 12. 09

„Kein Lichtblick“ im Bundeskanzleramt: Plumper konnte die Werbung für den Ökostromanbieter Lichtblick in der taz wohl nicht daherkommen. Dieser Lapsus war unnötig, ist aber – betrachtet man die tatsächlichen Erfolge des Ökostromhandels bei der Reduzierung des CO2-Gehaltes – eher nebensächlich. Wie viele andere Ökostromhändler in Deutschland bezieht auch die Firma Lichtblick den weitaus größten Anteil des an ihre Kunden kaufmännisch weitergereichten Stroms aus Wasserkraftwerken in Österreich und Norwegen. Aber weder in Österreich noch in Norwegen wird die Stromversorgung zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen bestritten. Hier greifen die europäischen Nachbarn auch weiterhin auf atomare und fossile Quellen zurück. An der europäischen CO2-Bilanz ändert sich also wenig. Kein Kohle- oder Gaskraftwerk wird abgeschaltet und kein Wasserkraftwerk neu in Betrieb genommen. Die einzige Möglichkeit, den CO2-Ausstoß wirklich zu verringern, ist der Bau und die Inbetriebnahme neuer Solar-, Wind-, Wasser- und Geothermiekraftwerke. Und der wirkungsvollste Mechanismus für einen schnellen Ausbau dieser erneuerbaren Energien ist es, die Einspeisevergütungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) so hoch und so stabil zu gestalten, dass es sich für private Investoren lohnt, in Klimaschutz zu investieren. Nur gerade dies hat unsere „Klimakanzlerin“ nicht vor: Laut Koalitionsvertrag möchte man im nächsten Jahr die Vergütungen zum Beispiel für Solarstrom, weiter absenken. Diese Problematik solle unsere Aufmerksamkeit haben, nicht das unwirksame Instrument des Ökostromhandels.

SUSANNE JUNG, Aachen

Ahnungslosigkeit

■ betr.: „Kein Lichtblick“, taz vom 17. 12. 09

Ich bin begeisterter taz-Abonnent, weil die taz sich auf der Höhe der Zeit befindet. In einem Punkt aber hinkt sie der Diskussion um mehrere Jahre hinterher: Unausrottbar scheint der Glaube der taz-Redakteure, Ökostromkauf würde die regenerativen Energien in Deutschland voranbringen. Ins Bild der taz-Ahnungslosigkeit passt, dass es die taz auch kein bisschen wundert, dass ausgerechnet Roland Kochs den fossilen Dinosauriern der Energiebranche sehr zugewandtes Hessen demnächst Ökostrom kaufen will. Das Wachstum der regenerativen Energien in Deutschland geht jedenfalls nicht auf Ökostromkauf zurück, sondern auf das EEG, das die Ökostromerzeugung fördert. Das wissen die Gegner der regenerativen Energien längst und bekämpfen es vehement. Schade, dass ausgerechnet die taz immer noch nicht gemerkt hat, wie der Hase läuft und damit letztlich RWE, Eon und Co in die Hände spielt. MARKUS HOLT, Bochum

Billiger Dreckstrom

■ betr.: „Kein Lichtblick“, taz vom 17. 12. 09

Der eigentliche Skandal ist nicht, dass die Bundesregierung den billigsten Strom einkauft, sondern dass der Dreckschleuderstrom überhaupt der billigste sei kann! Eine jahrzehntelange öffentliche Subventionierung mit gleichzeitigen Bemühungen, die Stromerzeugung aus regenerativen Energien zu behindern, hat erst möglich gemacht, dass auf dem Strommarkt sämtliche marktwirtschaftlichen Grundsätze auf den Kopf gestellt werden: Energie aus fossilen, endlichen Grundstoffen müsste viel teurer sein als Energie aus unbegrenzt verfügbaren Quellen wie Wind, Licht, Gezeiten, Temperaturunterschieden. Die Energiepolitik der BRD ist jedoch seit Jahren von der Bedienung einer Konzernlobby geprägt, die Gewinnmaximierung vor ökologische Forschung stellt. Hätte eine wache Bevölkerung solches verhindert, könnten wir heute alle für 7,5 Cent pro Kilowattstunde klimafreundlichen Ökostrom erwerben! SIGRID JASCHKE, Villingen

Wir haben ein Verteilungsproblem

■ betr.: „Ich habe einen Traum“, taz vom 15. 12. 09

Richtig: Die Industrieländer, die über Jahrzehnte die Erde geplündert, die Natur zerstört und die armen Länder ausgenutzt haben, stehen in der Pflicht, einen Teil des dadurch geschaffenen Reichtums zurückzugeben. Diese Zusage fällt ihnen aber nicht leicht. Was Kumi Naidoo nicht erwähnt, ist das Dilemma der „wohlhabenden“ Staaten: Sie sind hoch verschuldet und würden mit angemessenen finanziellen Zusagen die Verschuldung weiter in die Höhe treiben. Das ist besonders schlimm, wenn unsinnige Steuergeschenke die Staatskasse zusätzlich belasten. Die hiesige Hotelbranche ist unserer Regierung wichtiger als der Wasserstand in Tuvalu. Wo sind die Gewinne der Jahrzehnte des fetten Wachstums geblieben, Gewinne, die durch die Übernutzung aller greifbaren Ressourcen erst möglich waren? Der „Staat“ hat davon nichts auf seinem Konto, sonst könnte er die Wiedergutmachung problemlos leisten. Er hat dagegen zugelassen, dass die Gewinne auf privaten Konten gelandet sind. Die Senkung des Spitzensteuersatzes, die Abschaffung der Vermögenssteuer und Erleichterungen bei der Erbschaftssteuer verschärften diese Entwicklung noch. Deutschland gehört zu den reichsten Ländern der Erde. Da müsste es in Kopenhagen ganz anders auftreten können. Wann endlich begreift die Politik, dass wir ein Verteilungsproblem haben? DIETER STOMPE, Erfurt