Obama, Bruni, Mode und Macht: Das absurde Prinzip First Lady

Michelle Obama, Carla Bruni und die anderen Gattinnen beim Nato-Gipfel: Gestandene Frauen, die First Lady spielen- das hat längst was Absurdes.

Der Unterschied von Frauen, die arbeiten, und Frauen, die begleiten ist deutlich: die Damen Merkel, Obama und Bruni (v.li.) mit ihren Gatten. Bild: dpa

Für die Teilnehmer des Nato-Gipfels wurde im Kurhaus Baden-Baden ein Konzert gegeben. Michelle Obama hatte ein schwarzes, ärmelloses Kleid des Franzosen Azzedine Alaia an. Er ist einer ihrer liebsten Designer. (In der Branchenzeitschrift Womens Wear Daily ist gerade ein Artikel erschienen, in dem sich die amerikanischen Designer Oscar de la Renta, Vera Wang und Donna Karan beschweren, dass Michelle nie ihre Entwürfe trägt.)

Carla Bruni trägt meistens Dior, also auch im Kurhaus: ein schwarzes, knielanges Etuikleid, dessen Schulterpartie aus feinem Tüll abgesetzt ist, dazu ihre Ballerinas. Man könnte sich fragen, wie viele Paar dieser Schuhe sie inzwischen hat und ob sie nicht manchmal, wenn Nicolas Sarkozy nicht in der Nähe ist, heimlich ihre hohen Schuhe von früher trägt und damit durch ihr Gattinnenbüro im Élysée-Palast schreitet.

Angela Merkel trug einen ihrer Hosenanzüge, ein bisschen Seidenfaden war in den schwarzen Stoff eingewebt, denn es war ja eine Abendveranstaltung, ansonsten: Einreiher, Dreizentimeterabsätze, Kette. Alles wie immer. Aber eines wird offensichtlich, wenn sich Angela Merkel, Carla Bruni und Michelle Obama fürs Fotos aufstellen: Für Frauen, deren Beruf darin besteht, Ehefrau zu sein, gelten offensichtlich andere Dresscodes als für Frauen, die einen richtigen Beruf haben. (Hillary Clinton war auch da und trug einen Hosenanzug.)

Eine Frau, die arbeitet, zieht sich an wie ein Mann: einen dunklen Anzug, der den Körper darunter nicht erkennen lässt. Diese Uniform tragen Männer seit Beginn des 19. Jahrhunderts, als das Bürgertum entstand und die Mode von da an als etwas Weibliches galt. Nicht mehr der Mann selbst hüllte sich in teure Stoffe, er kleidete seine Frau darin ein, um den eigenen Reichtum und Erfolg darzustellen.

Für Frauen, deren Job es ist, Ehefrau zu sein, gilt diese bürgerliche Kleiderordnung noch heute: Raffungen, Drapierungen oder andere Verzierungen, Farbe, Muster, Schmuck, Bein, Hals, Fuß, Schulter oder Figur zeigen.

Offensichtlich unterscheidet das Protokoll in Baden-Baden zwischen Frauen, die arbeiten, und Frauen, die Ehefrauen sind. Und da Dresscodes ja viel über soziale Verhältnisse aussagen: Macht unsere Gesellschaft diese Unterscheidung nicht auch?

Frauen können heute Staatenlenkerinnen sein, die Welt umsegeln und Millionen verdienen, aber eine Frau mit Kindern hat Schwierigkeiten, die von der Frauenbewegung durchgesetzte Gleichheit zu leben. Weil es keine Krippenplätze gibt. Weil Mutterschaft ideologisiert wird. Weil es für die meisten Männer immer eine Ausrede gibt, keine Elternzeit zu nehmen (du hast doch die Stillhormone, ich verdiene mehr als du, ich verdiene weniger als du, das Kind schreit immer so, ich muss meine Karriere voranbringen). Und weil, das muss man auch sagen, Mütter in feministischen Diskussionen lange gar nicht vorgekommen sind.

Eine Frau, die Kinder bekommt, gibt, im Gegensatz zu ihrem Mann, das Leben, das sie bis dahin geführt hat, weitgehend auf. So wie Michelle Obama ihren Job aufgab und Carla Bruni sozusagen nur noch in Teilzeit an ihren Alben arbeitet.

Das Prinzip First Lady mag absurd erscheinen: gestandene Frauen, die ihren Männern hinterherreisen, um irgendwelche Altstadtbesichtigungen mitzumachen und bei Kaffee und Keksen über Kindererziehung zu plaudern. Das ist ein bisschen wie Fünfzigerjahre spielen, aber nicht so weit entfernt von der Lebenswirklichkeit vieler Familien.

Michelle Obama hat in ihrem Leben viele Vorurteile ausräumen müssen - als eine der Ersten in ihrer Familie studierte sie, in Princeton gab es auch damals nicht viele Schwarze, sie ist die erste schwarze First Lady. Vielleicht kann man von ihr jetzt nicht auch noch erwarten, dass sie außerdem die Mutterrolle neu definiert. Aber wenn sie es täte, wir würden sie noch mehr bewundern.

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