Frauendemo in Kabul gegen das Ehegesetz: Mut und Solidarität

Das Ehegesetz in Afghanistan ist umstritten. In Kabul haben Frauen dafür und dagegen demonstriert. Und auch die Männer mischen wieder mit - unter ihnen Ajatollah Mosheni.

Für oder gegen das Ehegesetz, Afghanische Frauen strecken ihre Fäuste in die Luft. Bild: dpa

Rund hundert Frauen versammelten sich am Mittwoch vor der "Schule des letzten Propheten", einem schiitischen Glaubenszentrum in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Sie rollten Transparente aus und protestierten gegen das Ehegesetz, das Präsident Hamid Karsai erst kürzlich unterzeichnet hatte. Kritiker sagen, es legalisiere die Vergewaltigung in der Ehe und schränke die Rechte von Frauen massiv ein. Die Demonstration zum umstrittenen Ehegesetz ist auch am Tag darauf Tagesthema in Kabul.

Frauen, die für und gegen das Gesetz ihre Fäuste in die Luft strecken und lautstark Slogans skandieren, hier für Frauenrechte, dort für Allah, hier in Jeans, dort mit weiten Roben, die die Körperkonturen verschwinden lassen, sind in der Tat ein seltener Anblick in Kabuls Straßen.

Dem Protestzug stellten sich auch wütende Gegendemonstranten entgegen, in der Mehrzahl Männer. Sie beschimpften die Demonstrantinnen als "Huren" und skandierten "Tod den Feinden des Islam". Es kam zum Handgemenge, auch Steine flogen durch die Luft.

Ajatollah Mohseni, der als Drahtzieher und Urheber des Gesetzes gilt, versteht es, den Einfluss internationaler Akteure, die das Gesetz heftig kritisiert haben, als Keule des Antiislam zu instrumentalisieren. Der schiitische Geistliche, der lange in Mashhad im Iran im Exil gelebt hat, hat mit Geldern aus dem Iran die riesige Kateb-Madrassa im Zentrum von Kabul erbauen lassen, eine Lehranstalt für islamisches Recht. Ajatollah Mohseni ist ein ehemaliger Mudschahed. Er tritt für einen politischen Islam iranischer Prägung ein und ist Paschtune, kein Hasara, wie die meisten Schiiten, für die allein das Gesetz Geltung haben soll. Die Masse der Hasaras, die in Fragen der Moral eher offen sind, lehnen ihn ab.

Das Gesetz, das stark an den Unterdrückungsapparat der Taliban erinnert, birgt eine historische Ironie. Denn die Schiiten, etwa ein Fünftel der Einwohner Afghanistans, wurden von den Taliban massiv verfolgt. Dass nun ausgerechnet hohe schiitische Geistliche, die an dem Entwurf des Gesetzes maßgeblich beteiligt waren, die Erinnerung an diese Zeit heraufbeschwören, mutet geradezu paradox an. Seit dem Wiedererstarken der Taliban im Süden des Landes kommt es jedoch wieder zu Übergriffen auf Mädchen und Frauen, die ohne männliche Begleitung aus dem Haus gegangen sind oder eine Schule besucht haben.

"Es war ein riskanter Protest", sagt Sabrina Saqib, 28, Abgeordnete des Unterhauses und eine der Organisatorinnen der Demonstration. "Aber wir mussten einfach zeigen, dass es Solidarität gibt zwischen den Frauen in Afghanistan."

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