„Pille danach“ im Sankt-Joseph-Stift

MEDIZIN Geschäftsführer und Frauenklinik-Chefarzt des katholischen Krankenhauses versichern, dass sie die „Pille danach“ verschreiben, weisen aber darauf hin, dass dies stets eine Einzelfall-Entscheidung sei

■ Die „Pille danach“ soll nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft verhindern. In Deutschland sind Präparate mit zwei Wirkstoffen erhältlich: Der eine verhindert die Einnistung einer befruchteten Eizelle, der andere verzögert den Eisprung. Die Wirksamkeit ist am höchsten, wenn das Medikament sofort eingenommen wird.

■ Die Organisation Pro Familia fordert eine rezeptfreie Abgabe des Medikaments. Anders als in 28 europäischen Ländern muss es hierzulande ein Arzt verschreiben.

■ Das Argument, nur so sei sichergestellt, dass die Frauen und Mädchen auch richtig zur Einnahme beraten werden, lässt Pro Familia nicht gelten, da viele Rezepte nachts oder am Wochenende verlangt werden und in den Notfallambulanzen nicht zwangsläufig GynäkologInnen Dienst haben.

■ Nachdem Bremen zuletzt im Jahr 2008 im Bundesrat mit dem Vorhaben gescheitert war, die Rezeptpflicht für die Pille danach aufzuheben, wollen die rot-grün regierten Bundesländer eine neue Initiative starten.  EIB

Richtig froh war der Geschäftsführer des katholischen Bremer Krankenhauses Sankt-Joseph-Stift gestern über die Nachfrage der taz, wie sein Haus es denn mit der „Pille danach“ halte. „Es könnte ja nach den Vorfällen in Köln der Eindruck entstanden sein, das sei ein übliches Vorgehen in katholischen Krankenhäusern“, sagt Torsten Jarchow und versichert: „Bei uns wird niemand im Regen stehen gelassen.“

„Jeder Frau, die sich in einer Notsituation befindet, wird geholfen“, sagt auch Torsten Frambach, Chefarzt der Frauenklinik des Krankenhauses im Stadtteil Schwachhausen. Damit meint er ausdrücklich nicht nur Frauen, die nach einer Vergewaltigung um Hilfe bitten, sondern auch Frauen, die nach einer Verhütungspanne Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft haben.

Allerdings, sagt Frambach, werde in jedem Einzelfall geprüft, ob das Medikament verschrieben werden soll. Die Entscheidung des Arztes oder der Ärztin sei aber nicht moralisch, sondern einzig medizinisch zu begründen. „Es gibt einfach viele Fälle, in denen es nicht sinnvoll ist, das Medikament zu nehmen“, sagt Frambach, beispielsweise wenn sich die Frau an einem Punkt im Zyklus befindet, an dem ein Eisprung und damit eine Befruchtung sehr unwahrscheinlich ist. Oder wenn es Kontraindikationen gegen die Einnahme der Pille danach gibt wie eine Thrombose-Gefahr. „Wie jedes Medikament sollte man auch dieses nur einnehmen, wenn es unbedingt nötig ist.“

Gleichwohl weisen sowohl der Geschäftsführer als auch der Chefarzt darauf hin, dass ihr Haus der katholischen Lehre verpflichtet ist, nach der bereits eine befruchtete Eizelle als Leben gilt, das zu schützen ist. Dabei weist der Chefarzt Torsten Frambach darauf hin, dass die marktgängige „Pille danach“ einen Wirkstoff enthalte, der nicht eine Befruchtung verhindert – sondern lediglich den Eisprung um einige Tage verzögert. Deshalb, so hatte vor einer Woche auch der Kölner Erzbischof Joachim Meisner argumentiert, sei die „Pille danach“ durchaus mit dem katholischen Glauben vereinbar.

Dafür hatten ihn wiederum andere katholische Funktionsträger und Gynäkologen angegriffen – eine Diskussion, die Torsten Jarchow als Geschäftsführer des Sankt-Joseph-Stifts begrüßt. „Ich hoffe, diese grundsätzliche Debatte führt dazu, dass neue Richtlinien entstehen, die einen einheitlichen Umgang mit dem Thema ermöglichen.“ Und verhindern, dass sich Vorfälle wie in Köln wiederholen, wo im Dezember eine Frau nach einer Vergewaltigung von zwei katholischen Kliniken abgewiesen wurde – mit der Begründung, diese hätten dann unter Umständen die „Pille danach“ verschreiben müssen.

Ob so etwas auch im Land Bremen passieren kann, will die SPD-Fraktion in der nächsten Sitzung der Bremischen Bürgerschaft vom Gesundheitssenator wissen.  EIB