Kommentar SPD-Doku über NPD: Keine heiße Luft

Die SPD-Doku über das verfassungsfeindliche Menschenbild der NPD gibt der Debatte über ein neuerliches Verbotsverfahren endlich mehr Substanz und fordert die V-Mann-Praxis heraus.

Die Materialsammlung über die NPD wird von der Linkspartei kritisiert: "Mit heißer Luft lassen sich Neonazis nicht bekämpfen". Immerhin bescheinigen die Linken den SPD-Politikern "Fleißarbeit". Zu Recht. Die Dokumentation bringt zwar wenig Neues für Fachpolitiker und Experten, aber darum geht es auch nicht. Die SPD-Minister geben mit ihrem Werk der bislang richtungslosen öffentlichen Debatte über ein erneutes NPD-Verbotsverfahren endlich eine Basis und Struktur.

Die Dokumentation klärt auf, was das Problem an dieser Partei ist: Diese propagiert ein Menschenbild, das von Ungleichwertigkeit und völkischem Kollektivismus geprägt ist. Für Interessierte ein alter Hut. Doch die breite Öffentlichkeit ist nur selten mit konkreten Aussagen der NPD konfrontiert. Zyklisch wiederholen Politiker zumeist nur ihre Position zum NPD-Verbot: dafür oder dagegen. Doch Einstellungen lassen sich bekanntlich und glücklicherweise nicht verbieten. Ob ein Verbot angemessen und nachhaltig sein kann, muss ebenso erörtert werden wie die Maßnahmen, die es begleiten sollten. Denn die NPD ist Symptom des Problems, nicht Ursache.

Dennoch könnte ein Verbot sinnvoll sein. Die NPD würde wenigstens kein Geld mehr durch die staatliche Parteienfinanzierung erhalten. Die einfache Pro-Contra-Verbotsdebatte hat allerdings keine Auswirkungen. Solche bloßen Meinungsäußerungen sind flach, kontraproduktiv und sinnlos. Sie gaukeln eine Option vor, die es nicht gibt. Denn wie die NPD verboten werden soll, bleibt weiter unbeantwortet: Der Verfassungsschutz kooperiert immer noch mit hochrangigen Funktionären, um Informationen zu kaufen, die in einem Verbotsverfahren nicht verwendet werden können. Auch die aktuelle Dokumentation hat keine Antwort. Möglicherweise stammen hier aufgeführte Aussagen sogar ebenfalls von Neonazis, die als V-Leute Geld verdienen.

Die SPD-Minister haben aber mit ihrer Dokumentation den Druck auf die Befürworter der V-Mann-Praxis erhöht: Denn wie kann es eigentlich sein, dass eine Fleißarbeit aus öffentlich zugänglichen Quellen aufschlussreicher ist als die jährlich vorgelegten Arbeiten des Verfassungsschutzes? Heiße Luft kann an kühlen Frühlingstagen auch wertvoll sein.

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