Streit um Öl vor Angola: Allianz zerbricht am schwarzen Gold

Unter dem Atlantik vor Angola und der Demokratischen Republik Kongo schlummern milliardenschwere Ölvorkommen. Jetzt will Kongo die Seegrenzen revidieren.

Kongos Premier Kabila zeigt viel Mut, denn die Armee des Nachbarn ist riesig. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Die Demokratische Republik Kongo ist so groß wie Westeuropa, aber ihre Meeresküste am Atlantik ist winzig: der nördliche Rand der Kongoflussmündung und 40 Kilometer Strand dazu. Südlich davon liegt Angola mit der grenznahen Ölstadt Soyo, im Norden die angolanische Exklave Cabinda.

Entsprechend schmal sind Kongos Territorialgewässer. Aber unter dem Meer liegen riesige Ölvorkommen, die Angola zum größten Ölförderer Afrikas südlich der Sahara gemacht haben. Und nun versucht Kongo, seine Ansprüche geltend zu machen.

Kongos bisheriges Seegrenzengesetz von 1974 nennt lediglich eine 12-Meilen-Zone für die Territorialgewässer, während die UN-Seerechtskonvention aus dem Jahr 1982 eine Interessenzone von 200 Meilen ermöglicht.

Am 4. Mai verabschiedete Kongos Parlament ein neues Gesetz, das die kongolesischen Meeresansprüche auf 200 Seemeilen erweitert, mit einem Festlandsockel von 350 Seemeilen. Es zieht die Grenzen im rechten Winkel zur Küste, statt wie bisher einfach waagrecht ins Meer hinaus.

Dadurch gewinnt der Kongo laut Innenminister Célestin Mbuyu ein Ölförderpotenzial von 450.000 Barrel täglich dazu, was Öleinnahmen von acht Milliarden Dollar im Jahr ergeben würde zu Lasten Angolas.

Bis 13. Mai hat der Kongo Zeit, um beim zuständigen UN-Sondergremium neue Seegrenzen zu beantragen. Kongos Ölminister René Isekemanga sagte, die Seegrenze müsse "unweigerlich neu gezogen" werden, und: "Eventuell fallen Ölkonzessionen an die Demokratische Republik Kongo zurück."

Angola hatte darauf offiziell nicht reagiert, aber sich heimlich ziemlich geärgert. Am 21. April reiste Kongos Premierminister Adolphe Muzito nach Angola, und beide Länder einigten sich auf eine Verhandlung "unter Brüdern".

Eine bilaterale Kommission wurde gegründet, die eine gütliche Einigung finden soll. Kongo und Angola sind an dem Problem gewissermaßen selber schuld: 2007 ratifizierten die Parlamente der beiden Länder ein Abkommen über eine gemeinsamen Offshore-Zone, ohne vorher zu klären, wem welches Seegebiet gehört.

Dass Kongo jetzt Angola herausfordert, ist abenteuerlich. Angola hat die stärkste Armee des südlichen Afrika, mit Ausnahme Südafrikas, und die kongolesische Regierung Kabila verdankt es Angola, dass sie überhaupt an der Macht ist. Angola half Laurent-Désiré Kabila beim Sturz der Mobutu-Diktatur 1997 und verteidigte ihn sowie seinen seit 2001 als Präsident amtierenden Sohn Joseph Kabila militärisch gegen Rebellen oder bewaffnete Oppositionelle.

In den letzten Jahren haben angolanische Truppen mehrfach kongolesische Grenzorte besetzt und dort die angolanische Flagge gehisst, erst im diamantenreichen Gebiet Kahemba im Jahr 2007 und zuletzt im Februar 2009 die Dörfer Kuzi, Sava und Ina in der Küstenprovinz Bas-Congo. Das war eine Machtdemonstration.

Kongos Regierung steht unter innerem Druck, weil sie auf die angolanischen Grenzverletzungen der letzten Jahre nie reagiert hat. In beiden Ländern steigt der Nationalismus im Volk und die Abneigung gegen den Nachbarn: Kongolesen verübeln Angola die Massenausweisungen illegaler kongolesischer Diamantensucher, während Angolaner sich vor dem Export von Unruhe aus dem Kongo fürchten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.