EU-Agrarsubventionen öffentlich: Die reichsten Bauern Europas

Im Netz kann sich jetzt jeder über die Empfänger von EU-Direktzahlungen informieren. Doch viele Länder verstecken die Zahlen, Deutschland weigert sich ganz.

Selber ackern lohnt sich nicht: EU-Subventionen sind die leichtere Ernte. Bild: ap

BRÜSSEL taz | Am 30. April vermeldete der für Betrugsbekämpfung zuständige EU-Kommissar Siim Kallas stolz auf seiner Website: Pünktlich um Mitternacht werden die Empfänger der Europäischen Agrarsubventionen online sein. Sortiert nach Land, Name des Betriebs und Höhe der Zuwendungen könne dann jeder interessierte Bürger sehen, wie die jährlich 55 Milliarden Euro, die immer noch den größten Posten im EU-Haushalt ausmachen, an Europas Landwirtschaftsbetriebe verteilt werden.

Auf der Grundlage der ins Netz gestellten Daten machte sich die Transparenz-Initiative Farmsubsidy.org daran, die Agrarmillionäre ausfindig zu machen. Fazit: Die meisten von ihnen sitzen in Italien. 180 Betriebe erhielten dort im vergangenen Jahr mehr als 1 Million Euro Zuwendungen aus Brüssel. An zwei Zuckerraffinerien überwies die EU sogar je mehr als 100 Millionen Euro. Auf Platz drei der Rangliste steht ebenfalls eine italienische Firma. Platz vier hält mit 83,4 Millionen Euro jährlich der irische Lebensmittelkonzern Greencore Group.

EU-Agrarexpertin Marita Wiggerthale von Oxfam weist allerdings darauf hin, dass diese Rangliste irreführend ist, da sie Direktzahlungen, Exportbeihilfen und Kompensationszahlungen für Zuckerproduzenten in einen Topf wirft. 2008 waren die europäischen Zuckerraffinerien mit großen Summen dafür entschädigt worden, dass die Zuckermarktordnung auslief und in Zukunft keine Mindestpreise mehr garantiert werden. Deshalb stehen an der Spitze der Millionärsliste auch fast ausschließlich Zuckerproduzenten.

Betrachtet man die Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe gesondert, ergibt sich ein anderes Bild. Dann sitzen 37 Subventionsmillionäre in Frankreich, 21 in Spanien, 5 in Großbritannien, darunter der gemeinnützige National Trust, 3 in Portugal und je einer in Dänemark und den Niederlanden. Die irische Greencore Group taucht in dieser Liste nicht mehr auf, da sie keine Direktzahlungen aus Brüssel erhält.

Doch auch die von Oxfam neu bewertete Statistik spiegelt nicht die ganze Realität wider. Lediglich Belgien, Tschechien, Dänemark, Estland, Finnland, Rumänien, Slowenien und Großbritannien wurde von farmsubsidy.org bescheinigt, dass sie Zahlen und Fakten übersichtlich online zugänglich gemacht haben. Einige andere Länder erfüllen zwar den Buchstaben der Vereinbarung, versuchen aber die Details möglichst zu verschleiern. So versteckt Ungarn die brisanten Zahlen in einem riesigen pdf-Dokument von über 13.000 Seiten. Polen veröffentlicht die privaten Namen der Empfänger, nicht aber deren Betriebe. Holland wiederum listet sämtliche Zuwendungen eines Betriebes einzeln auf und überlässt es dem interessierten Besucher der Seite, den Taschenrechner zu zücken.

Deutschland aber ist das einzige Land, das sich komplett weigert, über die aus Brüssel geleisteten Zahlungen Auskunft zu geben. Bereits im März hatte das Wiesbadener Verwaltungsgericht auf eine entsprechende Klage eines Landwirtschaftsbetriebs die Ansicht geäußert, die Veröffentlichung der Subventionen verstoße gegen den Datenschutz. Das Gericht legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor, dessen Entscheidung noch aussteht.

So lange will die EU-Kommission in Brüssel aber nicht warten. Sie droht mit einem Vertragsverletzungsverfahren, wenn die deutschen Zahlen nicht bald online sein sollten. "Alle 27 Regierungen haben diese Verordnung beschlossen. Wer sich dazu verpflichtet hat, muss sich daran halten", sagte Kristian Schmidt aus dem Kabinett von Betrugsbekämpfer Siim Kallas.

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