Bürgerkrieg auf Sri Lanka: Ein Ende mit Schrecken

Sri Lankas Armee verkündet den Sieg über die Tamilen-Rebellen und den Tod ihres Anführers Velupillai Prabhakaran. Dessen mörderischer Führungsstil hat keinen Nachfolger hinterlassen.

In Sri Lankas Hauptstadt wird der Sieg der Armee über die tamilischen Rebellen frenetisch gefeiert. Bild: ap

Ein Vierteljahrhundert lang hat er seine Kämpfer angewiesen, immer eine Zyankalikapsel um den Hals zu tragen und sich im Fall einer drohenden Gefangennahme sofort selbst zu töten. Mindestens 300-mal schickte er Selbstmordkommandos, oft gegen Zivilisten, in den sicheren Tod - nun wurde Velupillai Prabhakaran, der Anführer der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), von sri-lankischen Soldaten getötet, als er versuchte, unmittelbar vor der endgültigen militärischen Niederlage seiner Rebellenarmee aus dem Kampfgebiet im Nordosten Sri Lankas zu fliehen.

Sri Lankas Staatsfernsehen meldete am Montagvormittag, Soldaten hätten das Versteck des Rebellenführers umstellt. Wenig später kam die Meldung, Prabhakaran sei bei dem Versuch, in einem Krankenwagen zu entkommen, von Soldaten erschossen worden. Es wäre das Ende eines brutalen Rebellenführers.

Seine Kämpfer verehrten Prabhakaran wie den Anführer einer religiösen Sekte. Viele von ihnen meldeten sich freiwillig für die Sondereinheit der Black Tigers, deren Mitglieder der Rebellenchef persönlich auswählte. Bilder erfolgreicher Attentäter wurden später in einer Ruhmeshalle in der Rebellenhauptstadt Kilinochchi ausgestellt. Sie zeigten die schwarz gekleideten, meist jungen Kader neben dem Rebellenchef, kurz bevor sie für ihn in den Tod gingen.

Viele sri-lankische Tamilen im In- und Ausland sehen Prabhakaran bis heute als Befreier und Vorkämpfer der Rechte ihrer Volksgruppe. Dabei hat er in der Vergangenheit etliche Tamilen getötet. Seine Karriere als Rebellenchef begann im Jahr 1975 mit dem Mord an dem Bürgermeister der Stadt Jaffna. Ein oder zwei Jahre zuvor soll er seine Gruppe gegründet haben, aus der später die Befreiungsorganisation der Tamil Tigers entstanden ist. In den folgenden Jahren ließ er die Anführer anderer Tamilengruppen töten und zwang deren Anhänger, sich ihm anzuschließen. Im Jahr 1984 eröffnete er den offenen Kampf gegen den sri-lankischen Staat.

Sri Lanka verfügte damals nur über eine schlecht ausgerüstete Paradearmee. Daher gelang es Prabhakaran relativ schnell, mit seinen 10.000 Kämpfern - unter ihnen viele Frauen und Kinder - große Teile im Norden und Osten der Insel einzunehmen. Tamilen im Ausland begannen, Gelder für die Rebellen zu sammeln. Der südindische Bundesstaat Tamil Nadu duldete und unterstützte sogar zeitweise Ausbildungslager auf seinem Gebiet. Somit wuchs die Befreiungsorganisation schnell zu einer Rebellenarmee heran. Ihren Erfolg verdankt sie auch ihrer Rücksichtslosigkeit. Bei manchen Kämpfen nahmen Rebellenkämpfer hunderte von Regierungssoldaten gefangen und töteten sie vor den Augen einiger Zeugen, die am Leben gelassen wurden, um von den Morden zu berichten. Im Jahr 1996 steuerte ein Black Tiger einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen in die sri-lankische Zentralbank in Colombo, 90 Menschen starben, 1.400 wurden bei der gewaltigen Explosion verletzt. Damals kontrollierten die Tamil Tigers nahezu den gesamten Norden und Osten Sri Lankas.

Das Blatt wendete sich im Jahr 2004. Vinayagamoorthi Muralitharan alias "Colonel Karuna", der Kommandeur der Rebellen im Osten der Insel, wandte sich von Prabhakaran ab und übergab seine Gebiete der Regierung. Er erklärte damals, Prabhakaran sei nicht an einer Friedenslösung interessiert und habe die damals vereinbarte Feuerpause dazu genutzt, um weitere Waffen auf die Insel zu schaffen. Im Jahr 2006 erklärte die Europäische Union die Tamil Tigers zur terroristischen Vereinigung, fror Konten von Unterstützergruppen ein und nahm einige Mitglieder fest. Als Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapaksa Anfang 2008 eine neue Kriegsoffensive mit Waffen aus China und Pakistan und 80.000 neuen Soldaten einleitete, war die Rebellenarmee erheblich geschwächt.

Jetzt, nach Prabhakarans Tod, könnte dessen autokratischer Führungsstil das Ende der Befreiungsrebellen bedeuten. Immer wieder hat er potenzielle Kontrahenten und Nachfolger aus den eigenen Reihen ermorden lassen. Alle bekannten Köpfe der Tamil Tigers - wie Prabhakarans Sohn Charles Anthony - sind in den vergangenen Tagen und Wochen von der Armee getötet worden. Es ist fraglich, ob es angesichts des rücksichtslosen Vormarschs der Regierungsarmee, bei dem abertausende Zivilisten ums Leben gekommen sind, bald eine einvernehmliche Lösung zwischen der singhalesischen Mehrheit und der tamilischen Minderheit geben wird. Vermutlich wird das gesamte ehemalige Rebellengebiet auf Jahrzehnte so aussehen wie die Jaffna-Halbinsel im äußersten Norden des Landes: Dort wachen seit zehn Jahren 40.000 Soldaten über jeden Schritt der tamilischen Zivilisten.

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