Wahlkampf nach der EU-Wahl: Union übt grüne Demut

Nach dem Etappensieg bei der Europawahl wollen CDU und CSU den Anschein von Übermut vermeiden. Seehofer fordert mehr Ökologie im Wahlprogramm.

Versuchte, so wenig überheblich zu wirken, wie er nur konnte - ohne Erfolg: Horst Seehofer. Bild: dpa

BERLIN/MÜNCHEN taz | Nein, jetzt bloß keine Häme über den geschlagenen Koalitionspartner. Auch wenn es schwerfällt. Ob die CDU im Europawahlkampf nicht aggressiv genug gewesen sei, wird Parteichefin Angela Merkel gefragt. "Ich hab die SPD wenig angegriffen", sagt sie, "es hat aber nicht geschadet. Sie hat sich ja sel…" Mitten im Satz unterbricht sich Merkel und wechselt schnell das Thema.

Dass sich die SPD selbst geschadet hat mit ihrer Kampagne für Staatshilfen an notleidende Unternehmen, das kann sich jeder denken. Wenn es die Kanzlerin sagen würde, dann klänge es nach Triumph und nach Konflikt in der Koalition. Beides will sie unbedingt vermeiden. Die Frage, ob die Koalition handlungsfähig bleibe bis zur Bundestagswahl in gut drei Monaten, beantwortet sie mit einem einzigen Wort: "Muss." Auch übermütig will sie nicht erscheinen. Durch "demütigen Wahlkampf" will sie verhindern, dass die WählerInnen nach dem Ergebnis der Europawahl Angst vor einer schwarz-gelben Koalition bekommen. Im Übrigen werde sie "an der Art, wie ich meinen Wahlkampf führe, nichts verändern".

Merkel bestritt, den Autohersteller Opel nur aus Wahlkampfgründen vor der Insolvenz gerettet zu haben. "ich würde bei Opel die Entscheidung nicht einen Millimeter anders treffen als vor der Europawahl", sagte sie. Opel sei aber ein Sonderfall.

In München versuchte CSU-Chef Horst Seehofer, so wenig überheblich zu wirken, wie er nur konnte. Das Wahlergebnis der CSU von 48,1 Prozent in Bayern sei kein Anlass zu Übermut, der Wahlkampf um den Bundestag beginne nun bei null. "Das ist keine gemähte Wiese", warnte Seehofer und schmeichelte der Schwesterpartei: "Die CDU ist die führende Kraft in Deutschland - selbst wenn Sie uns weglassen." Man werde die CDU bei ihrem Kampf um einen eigenen EU-Kommissar aktiv unterstützen.

Dass es in der inhaltlichen Auseinandersetzung zwischen der großen und der kleinen Schwester in Zukunft härter zugehen könnte, deutete Seehofer eher subtil an und meinte: "Wenn man da und dort eine Debatte hat, ist das kein Weltuntergang."

So preschte der bayerische Unionschef gleich einmal nach vorne und forderte, das gemeinsame Wahlprogramm müsse grüner werden. "Wir müssen die soziale Marktwirtschaft verstärkt mit einem ökologischen Gesicht ausstatten", sagte Seehofer. Gerade bei vielen wertkonservativen Wählern gebe es einen Bedarf nach grünen Inhalten. Und: "Je höher dort die eigene Kompetenz ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Wahl eine Jamaika-Koalition überhaupt diskutiert wird." Eine klare Absage an Schwarz-Gelb-Grün klingt wahrscheinlich anders.

Aus bayerischer Sicht war es CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der die entscheidenden Stimmen für die Union sicherte. "Das ist der richtige Mann zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle", jubelte Seehofer. Doch die CSU hat in einigen Regionen massiv Stimmen verloren. In der Vorstandssitzung mahnte Exministerpräsident Günther Beckstein, in Nordbayern sei die Sorge der Menschen groß, durch Insolvenzen von Schaeffler und Arcandor den Arbeitsplatz zu verlieren. Doch Seehofer bekräftigte den Guttenberg-Kurs: "Ich bin entschieden dagegen, dass man leichtfertig Geld aufs Spiel setzt."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.