Erdrutsch in Sachsen-Anhalt: Vom See verschluckt

In Sachsen-Anhalt rutschen mehrere Häuser in ein ehemaliges Tagebauloch. Vermutlich sterben drei Menschen. Bereits 1959 hatte es an dem Ort ein ähnliches Unglück gegeben.

Unter ferner Beobachtung: Das Gebiet rund um den Erdrutsch ist weiträumig abgesperrt. Bild: reuters

Die von Menschenhand geschaffene Idylle wurde offenbar zur Todesfalle: Ein Erdrutsch in einem früheren Braunkohleabbau-Gebiet in Nachterstedt in Sachsen-Anhalt hat am frühen Samstagmorgen einen riesigen Krater aufgerissen und anderthalb Häuser in den künstlich angelegten Concordiasee versinken lassen.

Drei Bewohner des völlig in den Erdmassen versunkenen Doppelhauses werden seitdem vermisst; die Chancen, sie lebendig zu finden, gelten als gering. Ein weiterer zunächst vermisster Bewohner tauchte am Sonntag unversehrt wieder auf. Sachsen-Anhalt erklärte das Unglücksareal im nordöstlichen Harzvorland am Sonntag zum Katastrophengebiet.

Bei dem Unglück waren gewaltige Erdmassen in den angrenzenden Concordiasee gerutscht, der derzeit durch Flutung eines früheren Bergbaulochs entsteht. Die Flutung soll 2027 beendet sein. Die Häuser rutschten etwa 100 Meter tief. Darin wohnten zwei Ehepaare.

Vermisst werden eine 48-jährige Frau und zwei Männer im Alter von 50 und 51 Jahren, die vermutlich während des Einsturzes gegen 4.30 Uhr am Samstagmorgen schliefen und ums Leben kamen. Die andere Frau war an ihrem Arbeitsplatz in Nachtschicht. Bei dem Unglück war ein Landstück von 350 Meter Länge und 120 Meter Breite abgesackt. Zudem versank eine ganze Straße im Concordiasee.

Bereits im Jahr 1959 hatte es in Nachterstedt, wo bis 1991 Braunkohle abgebaut wurden, ein Unglück gegeben, als Erdmassen wegsackten. Ein Bergarbeiter wurde dabei getötet. Das Unglück führten Experten auf den lockeren Sandboden zurück.

Ein solcher Verlauf wurde von Experten auch zur Erklärung des Erdrutsches am Samstag in Erwägung gezogen. Die für die Renaturierung des Tagebaulochs zuständige Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) schloss nicht aus, dass sich unter dem Gelände Stollen des früheren Untertagebaus befanden, die zur Instabilität geführt haben. Der starke Regen in der Nacht zum Samstag wurde als alleinige Unglücksursache weitgehend ausgeschlossen.

"Wir haben es mit einem Konglomerat verschiedener Ursachen zu tun", sagte LMBV-Sprecher Uwe Steinhuber am Sonntag der taz. Genaures lasse sich noch nicht sagen, das Unglück in Nachterstedt sei ein ganz "außergewöhnliches Ereignis". Allerdings sei das Wohngebiet, in dem sich die weggerutschten Häuser befanden, "von unseren Vorfahren auf einer ehemaligen Abraumhalde" errichtet worden, die zwischen 40 und 60 Meter dick sei. So hätten Hohlräume entstehen können - die dann irgenwann, möglicherweise in Verbindung mit Feuchtigkeit, nachgeben.

Das Unternehmen flutet in Ostdeutschland Dutzende ehemalige Tagebaulöcher, aus denen See- und Erhohlungslandschaften entstehen sollen. Es gebe verschiedene Verfahren, Kipplagen an Seerändern zu sichern, zum Beispiel durch versteckte Dämme in der Kippe, so LMBV-Sprecher Steinhuber weiter. 80 Prozent der Kippen an diesen Seen, das entspreche einer Uferlänge der Strecke Paris-Berlin, seien schon gesichert, ohne dass es zu einem solchen Unglück gekommen sei.

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