Forscher verteidigen Impfungen: Schweinegrippe doch gefährlich?

Nach Kritik an dem Impfplan der Regierung gegen Schweinegrippe stellen Institute klar: Das Virus ist gefährlich, besonders für chronisch kranke Menschen.

Vorsicht, grün: So sehen die Schweinegrippeviren unterm Mikroskop aus. Bild: dpa

BERLIN/KASSEL taz | Das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) haben am Donnerstag die geplante Massenimpfung verteidigt. "Im Herbst muss man damit rechnen, dass es durch die Schweinegrippe zu Todesfällen kommt", sagte PEI-Präsident Johannes Löwer am Donnerstag. Ab September will die Bundesregierung 25 Millionen Menschen gegen das Schweinegrippevirus impfen.

Der Spiegel hatte diese Pläne als übertrieben dargestellt. Die Impfstoffe seien nicht genug auf Nebenwirkungen untersucht worden. Da die Schweinegrippe in Deutschland bis jetzt milde verlaufen sei, sei das Risiko einer Impfung höher. Unter anderem sorgt das beschleunigte Zulassungsverfahren des Impfstoffs für Bedenken: Auf Grundlage eines europäischen Pandemiekonzepts, das für eine Bedrohung durch die Vogelgrippe entwickelt wurde, soll viel Impfstoff in kurzer Zeit hergestellt werden. Kritiker warnen vor Hast und Übertreibung des Risikos. Man müsse über "ein paar zusätzliche Sicherheitslinien" für die Zulassung diskutieren, wurde der Virologe Alexander Kekulé von der Uni Halle-Wittenberg zitiert.

Das PEI wehrt ab: Die Musterimpfstoffe, die einige Hersteller jetzt nur noch für das H1N1-Virus anpassen müssten, seien auf ganz regulärem Weg zugelassen worden. Auch dass die Hersteller schon mehrere Chargen produzieren, während parallel noch Wirksamkeitstests laufen, sieht man unproblematisch. Um mit dem Material möglichst viele Impfdosen herstellen zu können, setzen die Pharmafirmen Substanzen ein, die die Reaktion des Immunsystems verstärken. Mitte Juli wies das PEI auf ausstehende Verträglichkeitstests hin. Jetzt wird entwarnt. "Es liegen breite Erfahrungswerte für die Verstärkersubstanzen vor", so eine Sprecherin.

Mögliche Nebenwirkungen - etwa Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen - könnten zwar ausgeprägter ausfallen als bei der saisonalen Grippeimpfung. Das sei aber tolerierbar für Menschen, denen der Schutz empfohlen wird. Die Nebenwirkungen der Zusatzsubstanzen auf Schwangere seien jedoch nicht erforscht, sagte Löwer.

Fachleute wie der Bremer Arzneiversorgungsforscher Gerd Glaeske warnten davor, den Schutz zu überschätzen: Nicht einmal der Nutzen der saisonalen Grippe-Impfung sei ganz klar belegt. Impfen ließen sich nämlich vor allem die, die auch sonst auf ihre Gesundheit und einfache Regeln für die Grippesaison achten - häufig Hände waschen etwa oder Erkrankte meiden.

Solche Tipps kämen ihm in der Debatte zu kurz, sagte Glaeske. "Die Impfung ist kein Allheilmittel." So wirke es aber zum Teil in der öffentlichen Diskussion. "Die Firmen müssen gar keine Werbung mehr machen."

Die Weltgesundheitsorganisation bewirbt die Impfung. Vor einigen Tagen betonte sie, bei Schwangeren und Personen mit chronischen Erkrankungen werde ein höheres Risiko auf einen schweren Verlauf der Schweinegrippe beobachtet. Behörden sollten überlegen, Schwangeren Priorität einzuräumen. Erst sollten Beschäftigte des Gesundheitswesens, dann die Risikogruppen geimpft werden.

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